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Da tut sich was! Antidiskriminierungsarbeit bei Borussia Dortmund

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Beim Spiel gegen Hannover 96 im Oktober 2014 zeigten BVB Fans auf der kompletten Südtribüne Spruchbänder gegen Nazis.
Schwatzgelb.de
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Im Oktober 2014 berichtete Henning Rennekampüber die Dortmunder Fanszene und die gemeinsam mit dem Verein gestarteten Aktionen gegen Neonazis und Rassismus im Umfeld von Borussia Dortmund. Neun Monate später hat sich einiges getan, doch rechte Hooligans und Neonazis versuchen weiter immer im Umfeld des BVB zu agitieren.

Von Redaktion Fussball-gegen-Nazis.de

In der Sommerpause ist es rund um Testspiele von Borussia Dortmund  vermehrt zu Aktionen von rechten Hooligans und organisierten Neonazis aus Dortmund gekommen. Beim Testspiel der zweiten Mannschaft des BVB am 9. Juni in Lünen gerieten Neonazis und Hooligans aus dem Umkreis der Dortmunder Hooligangruppe "Borussenfront" mit Ultras der Gruppe "The Unity"aneinander. Auch beim Testspiel der ersten Mannschaft gegen den VfL Bochum am 18. Juli war eine große Gruppe Dortmunder Neonazis, die vor allen Dingen der Partei "Die Rechte" zuzuordnen sind, auf der Suche nach körperlichen Auseinandersetzungen mit Bochumer Fans.

Klare Stellungnahme des Vereins

Nach den Vorfällen beim Spiel in Bochum, äußerte sich der BVB deutlich und forderte die eigenen Fans auf "sich rechtsextremen Gruppierungen weiterhin entschlossen und solidarisch, dabei aber jederzeit gewaltfrei entgegen zu stellen." Außerdem stellte der Verein klar: "Borussia Dortmund steht für Vielfalt, Toleranz und distanziert sich durch sein Engagement deutlich von Rassismus und Diskriminierung."Ähnlich wie zuletzt Werder Bremen positioniert sich der BVB damit eindeutig gegen rechte Hooligans und Neonazis. Doch nicht nur der Verein geht gegen die  Rechten nun in die Offensive. "Ein Großteil der Fans möchte sich gegen Diskriminierung und Neonazis engagieren. Wir als Verein versuchen sie dabei natürlich wo es nur geht zu unterstützen" sagte Daniel Lörcher, Fanbeauftragter des BVB, über das Engagement der Dortmunder Fans.

Ultragruppen positionieren sich gegen Rassismus

Eine der Kernfragen von Henning Rennekamp vor neun Monaten war, ob sich die beiden Ultragruppen "The Unity" und "Jubos" in Zukunft offen und klar gegen rechte Tendenzen positionieren werden. Auf der Dortmunder Südtribüne haben die Ultras gerade für junge Fans eine nicht zu unterschätzende Vorbildfunktion.  Nachdem am 1. Mai 2015 Ultras von Schalke 04 eine Demo der Partei "Die Rechte" blockierten, kündigte diese ein "spannendes Derby" an. Die "Jubos" bezogen daraufhin mit einem Spruchband "@DieRechte: Ihr habt mit unserem Derby nicht zu tun. Verpisst euch!" klar gegen die als Nachfolgeorganisation des verbotenen "Nationalen Widerstand Dortmund" geltende Partei Stellung. Die Auseinandersetzungen beim Spiel in Lünen zeigen, dass auch Ultras von "The Unity" Neonazis im Umfeld des BVB nicht mehr dulden. Die Unterstützung eines Protestcamp von Flüchtlingen durch Dortmunder Fans und Ultras macht deutlich, dass antirassistische Arbeit inzwischen ein wichtiger Teil der aktiven Fanszene geworden ist.

Klare Botschaft der "Jubos" für die Partei "Die Rechte": Die soll verschwinden. (Quelle: Schwatzgelb.de)

Neonazis meiden die aktiven Fans – rekrutieren aber im Publikum der 2. Mannschaft

Die Rechten besuchen als Gruppe bewusst keine Pflichtspiele der ersten Mannschaft, um den Ultras, die sich inzwischen klar gegen Nazis positionieren, aus dem Weg zu gehen. "Personen aus dem Kreis der Borussenfront und auch der Partei "Die Rechte" versuchen bei Testspielen und auch bei Spielen der 2. Mannschaft Präsenz zu zeigen. Gerade wenn die 2. Mannschaft parallel mit der 1. spielt, wie zuletzt in Münster" beschreibt Lörcher das Ausweichen der Rechten vor der Dortmunder Fanszene. Beim letzten Saisonspiel in Münster zeigte eine größere Gruppe  rechter Hooligans eine Halbzeit lang eine Zaunfahne mit der Aufschrift "Borussenfront – Ein Mythos stirbt nie". Da die 1. Mannschaft des BVB am gleichen Tag ein Heimspiel gegen Werder Bremen hatte, konnten sich die rechten Hooligans offen bewegen. Rund um die Spiele der Dortmunder Zweitvertretung versuchen sie außerdem junge Fans die aufgrund von Stadionverboten die Spiele des Bundesligateams nicht besuchen dürfen zu rekrutieren.

Der BVB ist auf einem guten Weg

"Die jüngsten Entwicklungen in der Ultraszene und im Verein stimmen uns mehr als positiv. Nur zusammen können wir uns dem braunen Pack entgegenstellen und die BVB-Familie vor Rechtsradikalen schützen" schreibt die Initiative "Ballspiel.vereint" nach den Vorkommnissen in Bochum. Sie hat sich zum Ziel gesetzt, "langfristig einen antidiskriminierenden Grundkonsens in der Dortmunder Fanszene zu etablieren". Die DortmunderInnen sind auf einem guten Weg Neonazis und rechte Hooligans komplett aus dem Umfeld des BVB zu vertreiben. Jetzt gilt es die positive Entwicklung sowohl innerhalb der Fanszene als auch beim Verein zu nutzen und langfristig antirassistische und antidiskriminierende Arbeit zu etablieren. Auch wenn Nazis beim BVB inzwischen glücklicherweise nicht mehr toleriert werden und auch außerhalb des Westfalenstadions mit Gegenwehr zu kämpfen haben, gibt es wie bei jedem anderen Verein im Kampf gegen jegliche Form der Diskriminierung noch einiges zu tun.

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Ein Fußballclub voller Neonazis

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So schön kann Fußball sein, hier beim Kreispokal im Jerichower Land, im Bild Blau-Weiß Niegripp. Mit dem FC Ostelbien Dornburg dagegen will kaum noch eineR auf den Platz, zu oft eskalierte die Gewalt.
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In Sachsen-Anhalt bedroht ein rechtsextremer Kreisligist seit Jahren Spieler und Schiedsrichter. Der Verband möchte ihn ausschließen. Doch so einfach ist das nicht.

Von Christian Spiller, Erstveröffentlichung auf Zeit.de

Michael Pieper war der erste Schiedsrichter, der "Nein" sagte, schon vor vier Jahren. Er kannte die Spieler, die damals den FC Ostelbien Dornburg gründeten. Er wusste, "was das für eine Klientel war", sagt er. Ein paar von ihnen hatten zuvor in anderen Vereinen der Gegend gespielt und Pieper hatte ihre Beschimpfungen gehört. "Judenschweine" oder "Euch haben sie in Auschwitz vergessen". Nein, Spiele von Ostelbien würde er ganz bestimmt nicht pfeifen. "Ich will nicht in meiner Freizeit um Leib und Gesundheit fürchten müssen", sagt er.

Mittlerweile hat Pieper Gesellschaft bekommen. 59 von 65 Schiedsrichtern des Kreisverbandes Jerichower Land in Sachsen-Anhalt weigern sich, Spiele der Dornburger zu leiten. "Die wollen sich das nicht mehr antun", sagt Pieper. Auch vier Vereine haben vor der Saison erklärt, nicht mehr gegen den Neonazi-Club anzutreten.

Der FC Ostelbien Dornburg verbreitet seit Jahren in der Kreisliga Furcht und Einschüchterung. Schiedsrichter werden bedroht, Gegenspieler brutal gefoult oder rassistisch beleidigt. Zu den Spielen rückt mittlerweile routinemäßig die Polizei an, manchmal mit bis zu 40 Beamten. Der Verein ist von Neonazis durchsetzt, 15 von 18 Spielern sind laut Recherchen von MDR und Mitteldeutscher Zeitung dem Landesverfassungsschutz von Sachsen-Anhalt als Rechtsextremisten bekannt.

Wesemann trägt die Nummer 18, klar

Ein TV-Beitrag des MDR aus dem Juli zeigt die Mannschaft bei einem Spiel in Paplitz. Erst schubst der Torwart einen Gegenspieler um, nach der Partie schlägt ein Spieler namens Dennis Wesemann den Gegner nieder, woraufhin sich eine Massenschlägerei entwickelt. Ein anderer Spieler schreit den Schiedsrichter an: "Du brauchst Dich nicht wundern, wenn wir Dich irgendwann mal anstecken."

Im Januar griffen Spieler von Ostelbien bei einem Hallenturnier in Gommern den Schiedsrichter und Zuschauer an. Und bei einem Ortsbesuch der Tageszeitung wurde ein Kosovo-Albaner in den Reihen des Dornburg-Gegners SG Blau-Weiß Niegripp von Dennis Wesemann bespuckt. Ein anderes Mal sprang Wesemann einem Gegner mit offener Sohle in den Rücken. Er trägt die Nummer 18, in der Neonazi-Szene der Code für die Initialen von Adolf Hitler.

Dennis Wesemann hat das Sagen beim FC Ostelbien. Und nicht nur dort. Er wurde immer wieder bei Neonazi-Kundgebungen gesehen und hat die gewaltbereite Hooligan-Vereinigung Blue White Street Elite gegründet, in der ein Großteil der Ostelbien-Fußballer aktiv sein soll. Die Hooligans traten lange rund um Spiele des 1. FC Magdeburg auf. Ein zeitweiliges Verbot musste das Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt aber wieder aufheben.

Normalität vortäuschen

Strafverfahren wegen gefährlicher Körperverletzung, Landfriedensbruchs und des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen wurden auch gegen Wesemann eingeleitet. Bestraft wurde er nie, dafür aber in den Ortschaftsrat der Gemeinde Stresow gewählt, als Parteiloser, mit den meisten aller Stimmen.

Der Fußball kommt den Neonazis gelegen, der Club hat für sie einen hohen symbolischen Wert. Mit ihm täuschen sie Normalität vor, und nutzen ihn für Gewaltpropaganda und Angriffe auf Minderheiten. David Begrich von der Arbeitsstelle Rechtsextremismus des Vereins Miteinander e. V. beschäftigt sich seit einiger Zeit mit dem FC Ostelbien. Er sagt: "Der Club ist ein Indiz für die Normalisierungs- und Durchdringungsfunktion der Neonazis im Jerichower Land."

Menschen dort würden eingeschüchtert, bedroht und beleidigt. Viele hätten Angst, würden aber schweigen. "Es geht gar nicht so sehr um Gewalt, sondern darum, eine dauerhafte Drohkulisse aufzubauen", sagt Begrich. Es sei nicht verwunderlich, dass Wesemann nie bestraft worden sei, weil sich oft niemand gefunden habe, der gegen ihn aussagen wollte.

Nun aber erwägt der Landessportbund Sachsen-Anhalt (LSB) ein Ausschlussverfahren. "Die unsportlichen, einschüchternden und gewalttätigen Aktionen der Spieler des FC Ostelbien Dornburg haben in diesem Jahr Dimensionen angenommen, die meiner Meinung nach einen Ausschluss des Vereins rechtfertigen", heißt es vom LSB-Vorstandsvorsitzenden Lutz Bengsch.

Am Donnerstag hatte der Fußballverband Sachsen-Anhalt (FSA) auf einer Präsidiumssitzung darüber beraten, ein Ausschlussverfahren einzuleiten. Ein Ergebnis will er aber erst am 11. August präsentieren. Erst dann könnte der LSB entscheiden. Das hätte man früher haben können, sagen Kritiker. "Die Fakten, die auf dem Tisch liegen, sind alle nicht neu", sagt David Begrich. Erst jetzt, nach dem Schiedsrichterstreik und nachdem der Fall in vielen Zeitungen stand, ist der Druck auf die Verbände größer geworden.

"Der Verband vertrat damals den Standpunkt: 'Solange sich Ostelbien an die Regeln hält, blenden wir den Hintergrund aus.' Aber diese Trennung funktioniert nicht", sagt Begrich. Der Verband müsse sich auch dafür interessieren, was die Dornburger abseits des Fußballplatzes tun.

Schon 2011 gescheitert

Gegenüber dem MDR verteidigte sich der Präsident des FSA, Erwin Bugar, der auch im Jerichower Land lebt: "Wir haben nicht geschlafen, wir haben uns auch nicht weggeduckt. Wir haben mit dem Landessportbund und dem Sportministerium entsprechende Aktivitäten entwickelt und werden jetzt zeitnah versuchen, dieses Problem zu lösen."

Die zögerliche Haltung des Verbands hat einen Grund. Momentan scheint der Fall klar. Nazis, die sich nicht einmal an die Regeln halten, haben in der Liga nichts zu suchen. Was aber wäre passiert, wenn sie sich ruhig verhalten hätten? Nazis verbieten, Fußball zu spielen, nur weil sie Nazis sind, das geben die Statuten kaum her. Schon 2011 versuchte der FSA, die Aufnahme des Neonazi-Clubs in die Liga zu verhindern. Vor dem Landgericht aber klagte Ostelbien Dornburg das Spielrecht ein.

Jetzt geht es um den Paragrafen 8, Satz 3, Punkt c) der Satzung des LSB, der festlegt, dass ein Ausschluss "bei einem groben Verstoß gegen sportliches Verhalten oder gegen die Interessen des LSB, insbesondere durch Kundgabe und Duldung extremistischer, rassistischer, fremdenfeindlicher, sexistischer und homophober Gesinnung im Verein" erfolgen kann. Sollte der Verein Einspruch einlegen, müsste ein Gericht entscheiden.

Vermissen würde sie niemand

"Wenn man alle Vorfälle rund um Ostelbien bestrafen würde, bräuchte man den Verein nicht verbieten. Dann hätte sich das Thema erledigt, weil sie keine Spieler mehr hätten", sagt ein gegnerischer Trainer. Hinter vorgehaltener Hand heißt es im Jerichower Land, dass sich viele Schiedsrichter nicht trauten, Strafen gegen die Neonazis zu verhängen oder bei Vorkommnissen das Sportgericht einzuschalten. Dazu passt, dass Wesemann im Spiel gegen Niegripp mitwirkte, obwohl er eigentlich gesperrt war.

Michael Pieper ist gespannt auf die Entscheidung der Verbände. Ein Ausschluss könnte noch im August möglich sein. Vermissen würde Pieper die Neonazis nicht. Und damit ist er nicht allein. Eigentlich, sagt er, hoffe der ganze Fußballkreis, dass Ostelbien ausgeschlossen wird.

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"Kein Fußball den Faschisten!"– FSA beantragt Ausschluss vom FC Ostelbien Dornburg

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Die Fanatico Boys Heidenheim haben keinen Platz für Nazis im Albstadion. Auch auf Sachsen-Anhalts Fußballplätzen wird die Luft dünn für Rechtsextreme. Endlich.
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Am Dienstag erklärte der Fußballverband Sachsen-Anhalt FSA nun offiziell, dass er den Ausschluss des Kreisligisten 1. FC Ostelbien Dornburg aus dem Landessportbund LSB beantragt. Ein erster Verbotsversuch scheiterte 2011. Seit Monaten ist öffentlich bekannt, dass im Verein zahlreiche Rechtsextreme aktiv sind, auch der Verfassungsschutz des Landes hat seine Einschätzung diesbezüglich nachkorrigiert.

Von Lina Morgenstern

Der Fußballverband Sachsen-Anhalt begründet seinen Antrag auf Ausschluss des Fußballvereins aus dem Jerichower Land mit dem Verstoß des Vereins gegen die Grundsätze des Verbandes der Gewalt- und Diskriminierungsfreiheit. "Der LSB wirkt mit seinen Mitgliedsorganisationen gegen Fremdenfeindlichkeit, politischen Extremismus, Gewalt, Gewaltverherrlichung und Homophobie", heißt es in der Erklärung. Diesen Grundsätzen entspräche der FC Ostelbien Dornburg nicht. "Im Jahr 2015 kam es zu einer Häufung von Verstößen gegen das Fairplay sowie grober Unsportlichkeiten und Diskriminierungen."

Anfang August war bekannt geworden, dass sich 49 von 56 SchiedsrichterInnen weigerten, die Partien des Kreisligisten in der kommenden Saison zu pfeifen. Auch mehrere Vereine gaben bekannt, nicht mehr gegen den Verein spielen zu wollen. Dies hatte eine bundesweite Diskussion angestoßen, die längt überfällig war. Schon im Januar berichtete dieses Portalüber den Verein und seine rechten MitstreiterInnen. Bei einem Fußballspiel in Gommern Anfang des Jahres waren Mitglieder des Vereins nach einer roten Karte für den Kapitän Dennis Wesemann auf Zuschauer losgegangen, mindestens eine Person wurde verletzt. Die rote Karte erhielt der Mannschaftskapitän, weil er den Schiedsrichter mit Gewalt bedroht hatte. Später am Tag versammelten sich zum Teil die gleichen Täter in Magdeburg und pöbelten in einer Diskothek. Dabei zeigten die Hitlergrüße. Nachdem sie die Disko verlassen mussten, beleidigten sie auf dem Weg zum Bahnhof mehrere Iraker. Damals war berichtet worden, dass die Täter der rechten Magdeburger Hooligangruppe "Blue White Street Elite" angehören, aus deren Umfeld auch der FC Ostelbien Dornburg gegründet wurde.

Probleme um Rechtsextremismus beim Verein waren lange bekannt

"Ich finde es gut, dass der Fußballverband Sachsen-Anhalt nun reagiert hat und auch der Landessportbund über den beantragten Ausschluss entscheiden muss. Ich bedauere, dass das nicht früher geschehen ist. Die Einschätzungen zum Verein und Berichte über rechte Vorkommnisse bei Spielen sowie die Hintergründe zu seinen rechten Mitspielern sind seit Jahren bekannt", erklärte Sebastian Striegel, er sitzt für die Grünen im Landtag Sachsen-Anhalts und begleitet den FCOD schon lange kritisch.

Im Juli dokumentierte das Magazin MDR Exakt den Verein, die rechtsextreme Gesinnung und die Gewalttätigkeit seiner Mitglieder und SympathisantInnen. In der taz erschien im April der erste Spielbericht von einer Partie des FC Ostelbien Dornburg. In der Zeitung wurde geschildert, wie ein Gegenspieler besonders vom FCOD Kapitän Dennis Wesemann rassistisch beleidigt und körperlich angegangen wurde. Trotzdem musste der Betroffene, nicht der Täter, das Feld verlassen, der Trainer wechselte den Spieler, Fitim Cimili, aus. "So macht Fußball keinen Spaß mehr. Der Verein gehört verboten", äußerte er kurz nachdem er gehen musste. Der Schiedsrichter der Partie ließ den FCOD gewähren.

Beide Medien berichten auch über das Klima der Angst, dass der Verein verbreitet, SpielerInnen und ZuschauerInnen wollten nur anonyme Aussagen treffen. "Ich will doch keinen Hausbesuch von Herrn Wesemann und seinen Kameraden", lauteten Aussagen der Befragten. Man kennt sich auf dem Land. Und auch SchiedsrichterInnen müssen um ihre Sicherheit fürchten, wie der Fall in Gommern zeigt.

Dennis Wesemann ist der bekannteste Kopf

Wesemann ist Gründungsmitglied der "Blue White Street Elite", rechtsextremer Kommunalpolitiker im Jerichower Land und Stürmer beim Amateurverein FC Ostelbien Dornburg. Seine Rückennummer ist die "18", ein bei Neonazis beliebter Code für "AH" oder "Adolf Hitler". Er trägt kein NPD-Parteibuch, aber fällt seit Jahren durch rechtsradikale Bestrebungen auf, ist mehrfach vorbestraft, viele nennen ihn "Neonazi". Auch der Verfassungsschutz schätzt in MDR Exakt ein, dass er eine Person ist, die "... aktiv in die örtliche rechtsextremistische Szene im Jerichower Land eingebunden (ist)". Er ist Ortsbeirat in Stresow, dem Dorf, in dem zur Landtagswahl 2011 jede*r Vierte die NPD gewählt hat. Im Juli 2014 kandidierte er als Oberbürgermeister, griff sogar einen Gegenkandidaten tätlich an. Sebastian Striegel erklärte zur Kandidatur Wesemanns gegenüber MDR Exakt: "Dennis Wesemann ist jemand, der seit Jahren in der neonazistischen Szene unterwegs ist. Der selbst durch antisemitische Äußerungen aufgefallen ist. Der mit in einem rechten Fußballverein ist. Und so jemand will als Nichtdemokrat demokratischer Ortsbürgermeister werden, das kann nicht sein." Striegel kritisiert den Verfassungsschutz heute besonders dafür, dass er den Verein so lange falsch einschätzte. "Ich denke aber, es ist gut, dass der VS den Verein nun als das erkannt hat, was er ist: ein Verein von Nazis für Nazis. Besser spät, als nie."

Erster Verbotsversuch scheiterte vor Gericht

Der FCOD wurde von Neonazis und Hooligans gegründet. Trainer, Spieler und Vorstand, die meisten haben hier rechte Weltanschauungen, auch einige polizeibekannte Hooligans gehören dem Verein an. Der Landessportbund Sachsen-Anhalt hatte zwar nach der Gründung die Anerkennung als Sportverein verweigert, war damit aber in einem Schnellverfahren vor Gericht gescheitert und nicht in die Revision gegangen. In Sachsen-Anhalt stellt sich die Situation schwierig dar. Sportgerichtsbarkeit und Verbandsfunktionäre unterstreichen immer wieder die Trennung von Vereinssport und Lebenswelt sowie politischer Einstellung und Betätigung der Vereinsmitglieder. Solange der FCOD nicht als politisch rechtsextremer Akteur auftrat, konnte er in der Kreisliga problemlos weiter spielen. "Was abseits vom Spielfeld passiert und dass der Verein eine Heimstatt für mehr oder weniger organisierten Neonazis ist, scheint für den Fußballverband und die Kreisliga irrelevant", kritisiert David Begrich vom Magdeburger Verein Miteinander e.V.

Nun soll mit dem Ausschlussverfahren ein zweiter Anlauf gestartet werden. Auch der Tenor der beiden Sportverbände hat sich geändert. "Ich denke, die Chancen hängen maßgeblich von der juristischen Beratung des Landessportbunds ab. Sie stehen aber gut, da beide Verbände, Landessportbund und Fußballverband, in ihren Satzungen klare Regelungen gegen Gewalt und Rassismus treffen. Wer im organisierten Sport mitmachen will, muss auch für demokratische Werte einstehen", erklärt Striegel von den Grünen.

Verfassungsschutzeinschätzung: erst kein Problem, jetzt doch?

In seiner Einschätzung haben sich auch das Innenministerium und der Verfassungsschutz verändert. Noch im März spielten sie das Problem gegenüber diesem Portal herunter. Man sprach nicht, wie jetzt, von aktiven Neonazis im Verein, sondern nur von Personen, gegen die Verfahren aufgrund politisch rechts motivierter Straftaten liefen. "Dennoch liegen hier keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass es sich beim FC Ostelbien Dornburg um eine rechtsextremistische Bestrebung handelt, die sich aktiv und geschlossen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung richtet", erklärte der Pressesprecher Thomas Krings damals. Auch auf Anfrage ist noch keine geänderte Stellungnahme aus dem Innenministerium eingegangen.

 

P.S. "Kein Fußball den Faschisten!" ist übrigens eine Losung, die im St.Pauli Stadion Hamburg prangt, keine vom LSB oder FSA getätigte Aussage. 

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FC Ostelbien Dornburg: Dürfen Nazis Fußball spielen?

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Die Hütte des FC Ostelbien Dornburg hat schon die richtige Farbe: braun. Weil viele Vereinsmitglieder eine rechte Gesinnung teilen, wurden sie nun aus dem Landessportbund Sachsen-Anhalt und damit vom Spielbetrieb ausgeschlossen.
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Der von Rechtsextremen durchsetzte Kreisligist Ostelbien Dornburg wurde in Sachsen-Anhalt vom Spielbetrieb ausgeschlossen. Gut so, aber auch rechtens? Fabian Scheler interviewte zu dieser und anderen Fragen den Juristen Dr. Paul Lambertz, er hat sich auf Wirtschafts- und Sportrecht spezialisiert.

Erstveröffentlichung auf ZEIT Online

Fabian Scheler: Herr Lambertz, dürfen Nazis Fußball spielen? 

Paul Lambertz: Ja, dürfen sie. Nur, ob es den Nazis auch in einem Sportverband erlaubt ist, das ist fraglich.

Der Landessportbund (LSB) Sachsen-Anhalt hat Ostelbien Dornburg aus dem Spielbetrieb ausgeschlossen. Zum ersten Mal wird damit ein Fußballverein in Deutschland wegen rassistischer und gewalttätiger Ausfälle am Spielen gehindert. Ist das ein grundlegendes Urteil?

Es passt gut in die Zeit, in der eine besondere Sensibilität für rechte Gewalt herrscht. Ich finde es bemerkenswert, dass sich ein Verband explizit den Antirassismus als Ausschlussgrund in die Satzung schreibt. Die Verbände wurden aber auch zum Handeln gezwungen, nachdem in dieser Saison die meisten Schiedsrichter und vier Vereine gegen Dornburg nicht mehr antreten wollten.

Der Verfassungsschutz hatte 15 der 18 Dornburg-Spieler als rechtsextrem eingestuft. Reicht die bloße Ansammlung von Rechtsextremen schon für einen Ausschluss?

Das Gefühl, dass in diesem Verein etwas schiefläuft, ist noch nicht justiziabel. Es braucht Beweise, gerade wenn es um das Fortbestehen eines Vereins geht. Denn ähnlich wie die NPD würden sich die Nazis wahrscheinlich über nichts mehr freuen, als sich wieder in den Spielbetrieb einzuklagen. Der Verband scheint in den vergangenen Monaten aber einige Beweise gesammelt zu haben.

Der Club verbot bereits im vergangenen Oktober zum Beispiel zwei schwarzen Gästespielern in Dornburg zu duschen. Laut Satzung des LSB ist das eine rassistische Handlung, die sanktioniert gehört, oder? 

Wenn das Duschverbot von einem Angehörigen des Vereins wegen der Hautfarbe ausgesprochen wurde, dann hätte das auf jeden Fall bestraft werden müssen. Zumindest aber hätte, wenn der Vorfall dem Verband gemeldet worden wäre, eine Untersuchung des Vorfalls eingeleitet werden müssen.

Ist es in Ordnung, dass ein vorbestrafter Nazi wie Dennis Wesemann, der Kleidung mit gewaltverherrlichenden Motiven vertreibt, auch auf dem Fußballfeld agieren darf?

Es ist enorm schwer, jemandem bereits im Vorfeld die Aufnahme in den Verband zu verweigern. Der Verband setzt sich in seiner Satzung eigene Richtlinien, nach denen er Vereine beurteilt. Er selbst muss sich aber auch an diesen Kriterien messen lassen. Das passiert gerade mit Dornburg: Rassismus und Fremdenfeindlichkeit werden nicht geduldet, die Attacken, auch von Dennis Wesemann, auf gegnerische Teams fallen genau in diese Kategorie. Ein Sportverband sollte immer genau prüfen, wer Mitglied bei ihm werden möchte. Davon gehen politische Signale aus.

Dennis Wesemann hat im April einen Kosovo-Albaner, den einzigen Ausländer im Team des Gegners, bespuckt und bedrängt. Der Albaner musste ausgewechselt werden, der Betreuer riet ihm, in der Kabine zu bleiben, bis die Gäste gegangen seien. Welche Werkzeuge bietet das Sportrecht, um so etwas zu verhindern?

Man könnte Geldstrafen für den Spieler und für den Verein einführen. Auch ein Punktabzug für die Mannschaft wäre ein probates Mittel und eine empfindliche Strafe. Der Ausschluss, der gegen Dornburg ausgesprochen wurde, ist die schärfste Waffe im Kampf gegen den Extremismus im Sport. Wie im Strafrecht muss definiert sein, welches Vergehen eine Strafe nach sich zieht. Nur: Eine rassistische Tat als solche auch zu identifizieren, fällt meist schwer. Eine rechtssichere Lösung wäre es, Gewalt bei Fußballspielen immer zu bestrafen. Lässt sich dabei auch Fremdenfeindlichkeit durch Aussagen nachweisen, könnte man das Strafmaß noch erhöhen.

Wie viel Einfluss darf die politische Gesinnung im Sport haben?

Das regelt die jeweilige Satzung. Der LSB hat sich in seine Satzung geschrieben, dass fremdenfeindliche Übergriffe sanktionswürdig sind. Wenn Dennis Wesemann oder ein Teamkollege andere Spieler nur wegen ihrer Herkunft angreifen, verstoßen sie gegen die Satzung. Nur Mitglied der NPD zu sein, wäre aber für einen Ausschluss meines Erachtens nicht ausreichend.

Also angenommen, die Spieler von Ostelbien Dornburg wären auf dem Spielfeld unauffällig geblieben und hätten keine sichtbaren Hinweise gegeben, dass sie rechtsextrem sind? Hätte der Verband dennoch ein Mittel gehabt, Strafen oder gar ein Verbot anzuschieben?

Das wäre eine schwierige Situation für den Verband gewesen, denn man könnte die Meinung vertreten, dass das Handeln außerhalb des Verbandslebens nicht zu Verbandssanktionen führen kann. Aber das Gedankengut von Rechtsextremen steht in so einem krassen Widerspruch zu den Werten des Sports, dass man in diesem Fall durchaus Verbandssanktionen hätte erwägen können.

Lässt sich der Fußball von den anderen Tätigkeiten des Vereins und seiner Mitglieder noch trennen?

Ich halte es für ausgesprochen schwierig, das Gedankengut Einzelner zu einem Gesamtbild des Vereins zusammenzufügen. Allerdings sind 15 vom Verfassungsschutz identifizierte Rechtsextreme in Dornburg ein eindringliches Indiz. Aber wie gesagt: Begreift man den Sport als Spiel, das bestimmten Werten folgt und bei dem alle nach den gleichen Regeln spielen, müsste ein Fußballspiel einem Nazi und seiner Ideologie ohnehin zuwider sein.

Die Verbände meinten in der Vergangenheit, sie brauchen konkrete Anhaltspunkte, um gegen den Verein vorzugehen. Die Dornburger bedrohten Spieler, Schiedsrichter, provozierten Spielabbrüche und kündigten Hausbesuche an.

Meiner Auffassung zufolge reicht es schon aus, wenn mit einem Hausbesuch gedroht wird. Dass der Verband erst jetzt durchgegriffen hat, ist aus meiner Sicht ein Hinweis darauf, dass er sich absolut rechtssicher sein wollte, bevor er handelt.

Den Verein gibt es seit 2011, auch damals war das Problem wohl allen klar. Der Verein sollte erst gar nicht für den Spielbetrieb zugelassen werden. Per Eilverfahren bekam Dornburg recht, in Rücksprache mit dem Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) hatte sich der Landessportbund gegen einen Weg durch die Instanzen entschieden. Ein Fehler?

Wenn man sich die abgelaufene Spielzeit ansieht, wäre es vermutlich besser gewesen, den Verein schon früher auszuschließen. Vielleicht fehlten vor vier Jahren aber die harten Fakten wie die Erkenntnisse des Verfassungsschutzes, um einen Ausschluss sicher zu begründen.

Der sportpolitische Sprecher der Grünen im Landtag, Sebastian Striegel, forderte: Es darf keine Vereine geben, die von Nazis für Nazis gegründet wurden. Hat er Recht? 

Absolut. Dient ein Verein einem verfassungsfeindlichen Ziel, muss er verboten werden, egal ob politisch rechts oder links. Das ist die formelle Sicht.

Die Realität ist, dass in Dornburg der Sportverein nur ein Teil des Baukastens ist, um rechtes Denken als normal zu etablieren.

Ich kann in meine Satzung auch schreiben, dass ich die Schildkrötenzüchtung fördere und im Vereinsheim plane ich rechtsextreme Gewalttaten. Papier ist geduldig. Die Versammlungen in Dornburg werden wahrscheinlich weiterhin stattfinden, nur unter einem anderen Vorwand. Gut ist jetzt, dass darunter nicht mehr diejenigen leiden, die in der Kreisliga nur Fußball spielen wollen.

Wie geht es jetzt weiter?

Zivilrechtlich hat Dornburg die Möglichkeit, eine einstweilige Verfügung zu erwirken, um wieder mitspielen zu dürfen. Legen sie beim LSB Widerspruch gegen den Ausschluss ein, wird im November noch mal verhandelt. Dort fiele eine endgültige Entscheidung. Einem Dornburger Erfolg räume ich aber kaum Chancen ein.

 

Diese Zweitveröffentlichung wurde freundlicherweise von ZEIT Online genehmigt. Danke dafür!

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Rechtsextreme Hooligans – Zwischen Spaltung und Bündnisarbeit

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Dominik Roeseler (Pro-NRW) ist Anmelder von zahlreichen rechten Demonstrationen und Kundgebungen, so auch am 25.10.2015 in Köln. Trotzdem scheiden sich an ihm die Geister. Er und andere Hooligans sind derzeit stolz, von SPD Chef Sigmar Gabriel als "Pack" bezeichnet zu werden.
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Vor kurzem wurde der geplante Aufmarsch von Nazis und Hooligans in Hamburg am 12. September von der Polizei verboten. Und die zuvor zerstrittenen Hooligans aus dem HoGeSa Spektrum einigten sich auf eine gemeinsame Demonstration am 25. Oktober in Köln. Unser Autor Robin Dulinge zieht Bilanz über ein Jahr "Hooligans gegen Salafisten" und ihre Nachfolger*innen.

Von Robin Dullinge

Wir erinnern uns an den 26. Oktober 2014, rund 4500 Hooligans, Nazis, Ultras und Bürger*innen waren aus der gesamten BRD angereist und folgten einem Aufruf der "Hooligans gegen Salafisten" zur gleichnamigen Demonstration in Köln. Es bahnte sich an, wovor bereits zahlreiche Antifa- und Ultragruppen gewarnt hatten. Hooligans und Nazis, die über Jahre Vernetzung, Politisierung und Mobilisierung inner- und außerhalb der Kurven deutscher Stadien betrieben hatten, betraten gemeinsam die Straße um Rassismus in der Mehrheitsgesellschaft salonfähig zu machen. Was folgte waren Angriffe auf Migrant*innen und Gegendemonstrant*innen, offener Rassismus und rechte Propaganda, initiiert durch Hooligans, die unter dem Deckmantel des "Unpolitischen" alte und neue Hooligans vereinten, während die Institutionen, Vereine und Medien bis dahin die Probleme weitestgehend verharmlosten.

Interessenkonflikte, Spaltung und Neustrukturierung

Ein Hooligan aus Düsseldorf, der seinem Tattoo nach der Gruppe "Bushwhackers" zugehörig scheint, offenbarte bei der Auftaktkundgebung mit einem Redebeitrag wie gespalten die Interessen der rechtsextremen Hooligans schon damals waren. Auf seinen "kritischen" Redebeitrag erhielt er wenig Zustimmung, er appellierte an die Teilnehmenden, dass Hogesa eine Bürgerbewegung und offen für jede*n werden müsse, stieß dabei jedoch in eine Kerbe, die nur kurze Zeit später durch das Entstehen der *Gida-Bewegung zeigte, wie weit verbreitet Rassismus in der Mehrheitsgesellschaft ist. Und sie symbolisiert ihre Bereitschaft, diese mit Nazis und rechtsextremen Hooligans auf die Straße zu tragen.

HogeSa spaltete sich im Februar 2015. Während die erlebnisorientierten HogeSa-Anhänger*innen, vor allem durch die Störung einer Gedenkkundgebungbezüglich der rassistischen NSU-Anschläge in Köln und einem Anschlag auf einen Antifaschisten mit Migrationshintergrund vor dem AZ Wuppertal auffielen, versuchte der neu gegründete Verein "Gemeinsam-Stark Deutschland e.V." (GSD) zunächst durch karitative Aktionen und verschiedene Demonstrationen dem bürgerlichen Spektrum näher zu kommen. Interessant ist, dass einer der Hauptakteure, Dominik Roeseler, Ratsherr von Pro NRW in Mönchengladbach und stellvertretender Parteivorsitzender, sowohl für GSD als auch HogeSa und Dügida tätig war. Er agierte als Anmelder und Pressesprecher für "Gemeinsam-Stark Deutschland", war Mitinitiator und Gründer der HogeSa sowie Anmelder der Demonstration in Köln und spielte bei den *Gida-Demonstrationen in Düsseldorf eine große Rolle. Trotz der Spaltung hielt Roeseler die Kontakte zu den Gruppen, begleitete so die in NRW aktiven HogeSa-Anhänger*innen z. B. zu der Demonstration von Pegida NRW in Wuppertal.

So ist durch den Interessenkonflikt zwar eine Spaltung entstanden, jedoch ähneln sich die Positionen weiterhin. Im weiteren Verlauf der Spaltung entstand das "Bündnis deutscher Hools", kurz B.D.H., gegründet von zwei rechten Hooligans der Vereine BFC Dynamo und Union Berlin. Mittlerweile erstreckt sich auch dieses Bündnis über die gesamte Bundesrepublik. Eine bereits existente Gruppe sind außerdem die "Berserker Pforzheim", die aus zahlreichen Medienberichten bekannt sind. Auch hier gab es Entwicklungen. Die rechtsextreme Gruppe hat durch die "Division Wolfsburg – Berserker Deutschland" Zuwachs bekommen. Die Gruppe steht offenbar dem B.D.H. nahe, wie das Infoportal "Recherche38" berichtet.

Vernetzung, Demonstrationsschutz und Etablierung

Während sich HogeSa nach der Demonstration in Köln in interne Streitigkeiten und die folgenden Spaltungen begab, entwickelte sich mit Startpunkt in Dresden bundesweit die Pegida-Bewegung.

Schon im Dezember 2014 ließ sich diese als Verein eintragen und konnte mit ihren montäglichen Demonstrationen zeitweilig bis zu 25.000 Menschen auf die Straße bringen. Die Bilder der rassistischen und asylfeindlichen Demonstrationen erinnerten an die Zustände der 1990er Jahre, als im Zuge von diversen Brandanschlägen von Rostock-Lichtenhagen bis Saarlouis 1993 die faktische Abschaffung des Rechts auf Asyl in Deutschland beschlossen wurde.

In zahlreichen Städten entwickelten sich Ableger von Pegida, was zur Folge hatte, dass die rechtsextremen Hooligans noch mehr Anschluss in die Mehrheitsgesellschaft fanden und durch ihr Gewaltpotenzial sowohl für den Schutz der *Gida-Demonstrationen verantwortlich waren, als auch für zahlreiche Angriffe auf Gegendemonstrant*innen und Journalist*innen. Sie waren also keineswegs von der Bildfläche verschwunden, im Gegenteil konnten sie beinahe ungestört von den staatlichen Behörden nicht nur rassistische Hetze verbreiten, sondern Flüchtlingsunterkünfte angreifen und das Recht auf Pressefreiheit einschränken. Darüber hinaus erwirkten sie, dass die Bundesregierung das Gespräch mit Nazis, rechten Hooligans und Rassist*innen aufnahm, indem der Dialog mit Pegida gesucht wurde. Im Juli wurde auch das Asylrecht weiter verschärfte.

Parallelen zu den 1990er Jahren?

Geschichte wiederholt sich nicht, jedoch ähneln die aktuellen Anschläge und Angriffe auf Geflüchtete und deren Unterkünfte, vor allem im sächsischen Heidenau, denen die sich in Rostock-Lichtenhagen vor 23 Jahren ereigneten. Erst als der öffentliche Druck enorm hoch war, äußerten sich auch die höchsten Amtsinhaber*innen zum tobenden braunen Mob. Pikant ist, dass jene Politiker*innen vor Ort waren, die durch ihre Gesetzgebung maßgeblich an diesen Zuständen beteiligt sind. So bezeichnete SPD-Chef Sigmar Gabriel, die Rassist*innen als "Pack" und wie die Journalistin Jutta Ditfurth schreibt, auch als "undeutsch". Sie erklärt, dass er sich damit also der Nazi-Rhetorik anschließt. Bundesinnenminister Thomas de Maiziére (CDU) beschäftigt sich derzeit intensiv mit der deutschen Flüchtlingspolitik. Immerhin besuchte er vor kurzem einen Anti-Rassismus Workshop beim BVB. Man sollte von einem Innenminister erwarten, dass er einen Fokus auf die Verhinderung der extrem rechten Gewalt lege. Jedoch bemüht er sich um eine weitere Verschärfung des Asylrechts und begegnet dem grassierenden Rassismus, indem er die Forderungen der Rechtsextremen indirekt unterstützt.

Positiv ist die Reaktion in vielen deutschen Stadien. Zahlreiche Vereine und Fankurven solidarisieren sich mit Geflüchteten, laden diese zu Spielen ein, widmen Antidiskriminierungsarbeit und dem Kampf gegen rechte Tendenzen mehr Aufmerksamkeit. Jedoch äußern sich auch extrem rechte Fans sich zu Thematiken, so beispielsweise durch die erst kürzlich stattgefundene Aktion "Fuck Valentin", die den in Untersuchungshaft sitzenden Bremer Ultra Valentin als "linken Gewalttäter" diskreditieren soll. Beim Pokalspiel des RWE präsentierte die Essener Kurve ein solches Spruchband. Monate vorher, nach dem Vorfall beim Derby des SVW gegen den HSV, solidarisierten sie sich schon mit den rechtsextremen Hooligans aus Bremen. Valentin war nach Angriffen von rechten Hooligans auf Bremer Ultras und daraus folgende Auseinandersetzungen beim Nordderby verhaftet worden.

Nazis und Hooligans in der Bündnisarbeit: Demonstrationen am 12.09. und 25.10.

Während sich also die rechten Hooligans neue Gruppen gründen und sich vernetzen, steht am 12.September der nächste große Nazihooligan-Aufmarsch bevor. Zum "Tag der deutschen Patrioten" mobilisieren die oben genannten Gruppe nach Hamburg. Auch Dominik Roeseler ruft auf seiner Seite dazu auf. Es kann damit gerechnet werden, dass an diesem Tag von Alltagsrassist*innen bis hin zu extrem rechten Kadern Alle auf die Straße gehen werden, die sich mit nationalistischem und rassistischem Gedankengut identifizieren.

Eine ähnlich große Gefahr birgt, dass die rechten Hooligangruppen HogeSa, GSD, das "Bündnis deutscher Hooligans" und die "Berserker Deutschland" ihre Streitigkeiten mit den Mit-Organisatoren auf Eis gelegt haben und nun gemeinsam am 25.Oktober nach Köln fahren wollen. Die Demonstration steht unter dem Motto "Köln 2.0 - friedlich und gewaltfrei gegen islamischen Extremismus" und wird von Andreas Kraul und Dominik Roeseler getragen. Im Vorfeld hatten die einzelnen Gruppen zu zwei Terminen nach Köln mobilisiert, dem 24. und dem 25.Oktober und lagen offenbar im Zwist miteinander.

Bei dem Streit ging es offenbar um einen internen Machtkampf zwischen den Beteiligten, denn kurz vorher distanzierte sich das Bündnis der Hooligan-Gruppen noch von Dominik Roeseler und Andreas Kraul alias Kalle Gabrowski“. Nachdem Roeseler als Pressesprecher von GSD suspendiert worden war, gab er auf seiner Facebook-Seite bekannt, dass er die Distanzierung und internen Differenzen als Diffamierung seiner Person wahrnehme. Die Hooligangruppen versuchten hingegen den bestehenden Konflikt so wenig wie möglich zu thematisieren. Der interne Machtkampf scheint auf ein anderes Datum vertagt worden zu sein. Nun gilt es für die antirassistischen Kräfte am 25.Oktober wachsam zu bleiben.

Bei beiden Demonstrationen wird es das Ziel der rechten Hooligans sein, weiter in die Mitte der Gesellschaft zu dringen. Es gilt diese Demonstrationen kritisch zu begleiten und den extrem rechten Kräften ihren gesellschaftlichen Nährboden zu entziehen. Es ist an der Zeit, sich den Zuständen und Verhältnissen bewusst zu werden, damit in Zukunft Geflüchtete und Migrant*innen die Chance haben, ein selbstbestimmtes Leben ohne Angst vor rassistischer Gewalt zu führen.
 

Factsheet mit einer Übersicht über die Entwicklung der "Hooligans gegen Salafisten" auf Fussball-gegen-nazis.deZu Protesten ruft das Bündnis "Köln gegen Rechts" unter dem Motto "Kein Comeback von HogeSa" auf.
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Fußball in Polen – Nazis auf den Rängen

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Beim polnischen Fußballverein Radomiak Radom fordern Fans aktuell, die vermeintliche "Islamisierung" Polens zu stoppen. Dahinter verbirgt sich vor allem eins, Rassismus gegen Flüchtlinge.
Screenshot Ultras-tifo.de
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http://www.ultras-tifo.net/news/3757-refugees-welcome-or-not.html

Bereits seit Jahren macht der polnische Vereinsfußball eher durch Rassismus und Randale auf den Rängen als durch sportliche Erfolge auf sich aufmerksam. Zuletzt rückten die Fans mit ihrer Ablehnung der Spendenaktion für Flüchtlinge in der Champions League in die Öffentlichkeit. Die Gründe dafür liegen unter anderem in der polnischen Geschichte. Teil 1 einer Serie über Fußball und Fankultur in Polen.

Von Jan Tölva

Fußball in Polen hat eine lange Tradition. Die beiden großen Vereine in Kraków, Wisła und Cracovia, wurden schon 1906 gegründet. In Wrocław, das damals allerdings noch Breslau hieß und zum Deutschen Reich gehörte, fand das erste dokumentierte Fußballspiel sogar bereits 1892 statt, und mit dem FC Breslau, später VfB Breslau, wurde auch eben dort 1898 der erste Fußballclub auf heute polnischem Boden gegründet.

Dennoch spielte der polnische Fußball im Konzert des europäischen Fußballs meist eher eines der Begleitinstrumente. Einzig Legia Warszawa schaffte es zweimal, 1970 und 1991, ins Halbfinale eines europäischen Pokalwettbewerbs vorzudringen. Seither gab es für polnische Clubs nicht viel zu holen. Der letzte Verein aus Polen, der sich für die Gruppenphase der Champions League qualifizierte, war in der Saison 1996/97 Widzew Łódź. In der aktuellen Saison scheiterte Meister Lech Poznań mit zwei Niederlagen mehr als deutlich gegen den FC Basel.

Auch in Polen selbst spielen die polnischen Vereine und die polnische Liga in der öffentlichen Wahrnehmung oft nur eine untergeordnete Rolle. Ein Gutteil der Berichterstattung befasst sich lieber mit den Erfolgen polnischer Spieler_innen im europäischen Ausland, und wer die Gazeta Wyborcza, die größte Tageszeitung des Landes, aufschlägt, kann Pech haben, dass im ohnehin schon mageren Sportteil gleich überhaupt gar nichts über Ereignisse im Fußball zu lesen ist.

Für das polnische Bildungsbürgertum ist es nahezu unvorstellbar sich für Fußball zu interessieren oder gar ins Stadion zu gehen. Das spiegelt sich auch im Zuschauerschnitt der Ekstraklasa wider. Nur fünf von 16 Teams der obersten polnischen Liga hatten in der abgelaufenen Saison einen Schnitt von über 10.000. Ganz im Gegensatz dazu lockt die polnische Männer-Nationalelf bei Heimspielen regelmäßig über 50.000 Menschen ins Stadion Nadorowy in Warschau. Es scheint, dass lediglich der Vereinsfußball auf breites Desinteresse stößt.

In einem völligen Missverhältnis zu den mageren Publikumszahlen steht allerdings die Intensität, mit der diejenigen zu Werke gehen, die dann doch ins Stadion kommen. Im Windschatten der größeren Ligen hat sich in Polen eine durchaus eigenständige Form der Ultrakultur entwickelt, die einerseits für lautstarken Support und anspruchsvolle Choreographien steht, andererseits aber von Gewalt, Hass und extrem rechtem Gedankengut geprägt ist. Infolge des Vorgehens der UEFA gegen Gewalt und Diskriminierung stellt das für den polnischen Fußball in zunehmendem Maße ein Problem dar.

Nation ohne Staat – Ein Blick in die polnische Geschichte

Dass die polnische Fankultur wie die meisten im ehemaligen Ostblock geprägt ist von Nationalismus und einem hohen Maß an Gewaltbereitschaft hat in erster Linie historische Ursachen. Von der dritten Polnischen Teilung 1795 bis zum Ende des ersten Weltkriegs 1918 hat es mit Ausnahme des kurzlebigen Herzogtums Warschau, das kaum mehr war als ein Satellitenstaat des napoleonischen Frankreichs, keinen unabhängigen polnischen Staat gegeben. Der heutige Westen Polens war Teil Preußens und später des Deutschen Reiches, der Süden gehörte zu Österreich-Ungarn und der Rest zum russischen Zarenreich. Das änderte sich erst mit dem Ende des ersten Weltkriegs, als unter anderem auf Betreiben des US-amerikanischen Präsidenten Woodrow Wilson ein unabhängiger polnischer Staat errichtet wurde, der allerdings deutlich weiter östlich als das heutige Polen lag und auch Teile der heutigen Ukraine, Litauens und Weißrusslands umfasste.

In den folgenden Jahren erlebte Polen, genauer: die Zweite Polnische Republik, eine Zeit gesellschaftlicher, kultureller und wirtschaftlicher Blüte, in die auch die Gründung des Polnischen Fußballverbandes, das erste Länderspiel einer polnischen Auswahlmannschaft und unzählige Vereinsgründungen fallen. Diese kurze Blütezeit fand jedoch ein jähes Ende mit dem Einmarsch deutscher und wenig später auch sowjetischer Truppen im Herbst 1939. Nach gerade einmal etwas mehr als 20 Jahren hatte Polen erneut seine Unabhängigkeit verloren. Mehr noch, dem Krieg, dem Hunger und der Shoah fielen an die sechs Millionen Einwohner_innen zum Opfer; die Hälfte von ihnen waren Jüdinnen und Juden. Das entspricht rund einem Fünftel der damaligen polnischen Bevölkerung. Kein anderes Land musste für das deutsche Streben nach Weltherrschaft einen vergleichbar hohen Blutzoll zahlen.

Gleich zweimal kam es zu größeren Erhebungen gegen die deutsche Gewaltherrschaft. Im Januar 1943 erhoben sich die Bewohner_innen des jüdischen Warschauer Ghettos, der jedoch blutig niedergeschlagen wurde. Im August 1944 folgte der Warschauer Aufstand, im Zuge dessen sich rund 45.000 Mitglieder der Polnischen Heimatarmee sich gegen die Besatzer erhoben, doch auch dieser wurde zerschlagen und am Ende starben mehr als 150.000 Menschen – die meisten von ihnen Zivilist_innen.

Die sowjetische Rote Armee stand zu diesem Zeitpunkt schon vor den Toren Warschaus, doch sie griff nicht ein – eine Tatsache, die sich tief in das polnische Nationalbewusstsein eingeprägt hat und viel dazu beigetragen haben dürfte, dass die kommenden Jahre der neu gegründeten Volksrepublik Polen unter sowjetischer Vorherrschaft von vielen als eine Art erneuter Besatzung empfunden wurden.

Fußballstadien als letzte Orte der Freiheit im Realsozialismus

Als sich dann ab Ende der 1970er verstärkter Widerstand gegen das realsozialistische Regime zu regen begann, waren die Fußballstadien wie anderswo im Ostblock auch Orte, an denen eine dissidente Haltung zum Ausdruck gebracht werden konnte. Beim Fußball war es möglich, sich mit der Polizei als Repräsentant des verhassten Staates zu prügeln,  durch Schlachtrufe und Gesänge seiner Abneigung gegen das System Luft zu machen und dabei – was sicher für viele sogar das Wichtigste war – auch noch jede Menge Spaß zu haben.

Besonders augenfällig wurde die Verbindung zwischen Fußball und Opposition in der Hafenstadt Gdańsk. Auf der dortigen Werft hatte es bereits 1970 einen wilden Streik gegeben, der allerdings blutig niedergeschlagen wurde und 80 Arbeiter_innen das Leben kostete. Ein Mitglied des damaligen Streikkomitees war der Elektriker Lech Wałęsa gewesen, der später zu einer der führenden Persönlichkeiten der unabhängigen Gewerkschaft Solidarność und zum Gesicht der polnischen Opposition werden sollte.

Wegen seiner Umtriebe wurde Wałęsa 1982 weit entfernt im Südosten des Landes, nahe der sowjetischen Grenze, interniert. Im Jahr darauf durfte er in seine Heimatstadt zurückkehren; er stand allerdings noch vier weitere Jahre de facto unter Hausarrest. Kurz nach seiner Rückkehr besuchte Wałęsa das Europapokalspiel von Lechia Gdańsk gegen Juventus Turin. Als er von einigen Zuschauer_innen erkannt wurde, erschallte sein Name aus den Kehlen Tausender Anhänger_innen des Vereins und auch „Solidarność“ wurde wieder und wieder gerufen.

„Das Fußballstadion war unser Ort der Freiheit“, erzählte Wałęsa Jahre später in einem Interview mit der Zeit. Weil alle dasselbe riefen, war es schwer, Einzelne zu bestrafen. Das galt umso mehr, als all das vor laufenden Fernsehkameras geschah und zu einer Zeit, in der das Regime behauptete, es gäbe in Polen keine Opposition. Der Fußball und seine Fans hatten gezeigt, dass dies nicht mehr als eine Lüge war.

Alte Werte im neuen Polen

Als dann der Eiserne Vorhang fiel und sich Polen auf den langen Weg gen Westen machte, der das Land 1999 in die NATO und 2004 in die Europäische Union führte, hatte sich in den Stadien längst eine Kultur der Widerständigkeit etabliert. In dem Bewusstsein, das Polen über Jahrhunderte hinweg überhaupt nicht als eigenständiger Staat existiert hatte und auch danach wenig mehr als ein Spielball der Großmächte war, war diese Kultur geprägt von einer starken Bezugnahme auf die polnische Nation, die einen fließenden Übergang hin zu einem stark ausgeprägten und oft völkischen Nationalismus fand.

Diese Entwicklung wurde und wird noch verstärkt durch die Tatsache, dass Polen ein Staat mit einer ethnisch sehr homogenen Bevölkerung war und ist. Rund 95 Prozent der Einwohner_innen sind ethnische Pol_innen. Zählt mensch die regionalen Minderheiten der Kaschub_innen und Schlesier_innen hinzu, sind es sogar fast 98 Prozent. Ebenfalls ungebrochen ist die Vormachtstellung der römisch-katholischen Kirche. Mehr als 90 Prozent der Bevölkerung ist katholisch. Die zweitgrößte Glaubensgemeinschaft, die Polnisch-Orthodoxe Kirche, kommt dem gegenüber auf gerade einmal ein Prozent.

Eine Öffnung hin zu einer pluralistischen, von ethnischer und weltanschaulicher Vielfalt geprägten Gesellschaft, wie sie für viele Länder Westeuropas prägend war, hat es in Polen also nie gegeben. Es ist daher kaum verwunderlich, dass der polnische Nationalismus in besonders hohem Maße von einem Streben nach Homogenität geprägt ist.

Das zweite prägende Moment für die polnische Fankultur, die ablehnende Haltung gegenüber dem realsozialistischen Regime, wandelte sich nach dem Wegbruch desselben meist in einen militanten Antikommunismus und eine weit verbreitete, ganz grundsätzliche Ablehnung gegen alles vermeintlich Rote oder Linke, wozu in den Augen vieler auch Homosexualität, Feminismus und "Multikulti" gehören.

All das hat selbstverständlich Folgen für die Fußballfankultur. Welche das sind und wie die aktuelle Situation in Polen ist, erfahrt ihr in Teil 2.

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HoGeSa – unpolitische Messerstiche in Wuppertal?

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In Wuppertal demonstrierte schon im Juni ein zivilgesellschaftliches Bündnis, um auf den politischen Hintergrund des Messerangriffs durch mutmaßliche HoGeSa Anhänger im April hinzuweisen.
Sechel

Am 5.Oktober begann der Prozess gegen mutmaßliche Anhänger der "Hooligans gegen Salafisten" (HoGeSa), die im April einen Mann vor dem Autonomen Zentrum Wuppertal niederstachen und lebensgefährlich verletzten. Drei Männer waren an der Tat beteiligt, gegen sie wurde nun Anklage erhoben. Dabei scheint die Staatsanwaltschaft die Tat zu entpolitisieren. 

von Robin Dullinge

Am frühen Morgen des 11. April 2015 kam es vor dem AZ Wuppertal zu einem brutalen Überfall auf einen Besucher mit türkischer Migrationsgeschichte. Er wurde von drei Personen angegriffen, die sich durch Rufe als Anhänger von HoGeSa erkenntlich gemacht haben sollen. Ein Tatverdächtiger stach dem Opfer laut Staatsanwaltschaft acht Mal in den Rücken. Nun steht der Beginn des Prozesses gegen die drei Tatverdächtigen bevor, die wegen versuchtem Totschlag und gefährlicher Körperverletzung angezeigt sind. Der mutmaßliche Messerstecher pflegt seit geraumer Zeit enge Kontakte zur neonazistischen Partei "Die Rechte". Bei dieser finden sich vorwiegend militante Neonazis wieder, deren freie Kameradschaften verboten wurden.

Polizei spielte am Tatabend eine zweifelhafte Rolle

Dass es dem AZ Wuppertal und dem Betroffenen jedoch nicht nur um den aus ihrer Sicht versuchten Mord geht, wurde bereits im Sommer deutlich. Am 13. Juni diesen Jahres demonstrierte ein zivilgesellschaftliches Bündnis aus Gewerkschaften, Autonomem Zentrum und Anderen unter dem Motto "Gemeinsam gegen Rassismus & rechte Gewalt" von der Wuppertaler Innenstadt zum Tatort. Dabei gab es auch eine Zwischenkundgebung vor der Polizeiwache "Hofkamp", die am Tatabend ebenfalls eine Rolle spielte und in einem Redebeitrag kritisiert wurde. Zur Sprache kam der Einsatz einer Hundertschaft am Tatabend, die das AZ brutal räumten und ebenfalls Anzeigen wegen versuchtem Totschlag und gefährlicher Körperverletzung gegen einige der Besucher_innen stellten. Am Tatabend hatten Polizist_innen unnötige Gewalt angewendet, um in das AZ  zu gelangen und zunächst zahlreiche der Besucher_innen als Tatverdächtige behandelt. In einem offenen Brief kritisierten die Opferberatung Rheinland und die Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus NRW das Polizeivorgehen als Täter-Opfer-Umkehr und die Kriminalisierung der Hilfeleistenden AZ-Besucher_innen.

Staatsanwaltschaft scheint die Tat zu entpolitisieren

Die Staatsanwaltschaft geht den Anzeigen jedoch weiterhin nach und behauptet zudem, dass zwei der bisher öffentlich bekannten mutmaßlichen Täter nicht mehr in der rechten Szene aktiv seien. Unabhängige Recherchen belegen jedoch das Gegenteil und decken auf, dass es sich bei den Beiden um stadtbekannte und militante Neonazis handelt, die schon über viele Jahre in der rechten Szene aktiv sind. Der politische Hintergrund der Tat ist offensichtlich und seit Beginn 2015 einer von zahlreichen Übergriffen auf Antirassist_innen. Einer der Tatverdächtigen soll ebenfalls bei dem Angriff auf eine Gedenkkundgebung an den NSU-Bombenanschlag in der Probsteigasse beteiligt gewesen sein, der sich am 18. Januar ereignete, nachdem eine Demonstration von HogeSa in Essen verboten wurde.

Folgerichtig problematisiert das Autonome Zentrum an den aktuellen Ermittlungen eine Täter-Opfer-Umkehr und daraus folgende Kriminalisierung antirassistischer Strukturen. Auch deshalb sind am vergangenen Freitag mehrere Hundert Menschen auf die Straßen gezogen, um den öffentlichen Druck auf die Staatsanwaltschaft und Polizei zu erhöhen und von den Anzeigen gegen die Besucher_innen und Helfer_innen des AZ Wuppertal abzusehen. Ohne die schnelle Reaktion einiger AZ-Besucher_innen, die den Betroffenen versorgten, wäre er vermutlich verstorben. "Bisher gibt es keinen nachvollziehbaren Grund für das aktuelle Vorgehen der Behörden, die Ermittlungen dürfen nicht entpolitisiert werden. Die Distanzierung der Täter von rechten Kreisen ist nicht nachzuweisen", erklärte einer der Demonstrierenden. Es müsse Aufgabe der Staatsanwaltschaft und Gerichte sein, den politischen Hintergrund zu ermitteln, zu bewerten und öffentlich ein Statement zu setzen, dass rechte und rassistische Gewalt nicht geduldet werde. "Sollte anders entschieden werden, würde das rechte Gewalttäter_innen in ihrem Handeln bestätigen und motivieren. Diese politische und gesellschaftliche Aufgabe obliegt den Behörden und ebenfalls den Medien, die den Prozess kritisch begleiten und dokumentieren sollten."

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Angriff mit Ansage: Rechte Hooligans verwüsten Leipziger Stadtteil

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In wenigen Minuten zerstörten etwa 250 rechte Hooligans im Leipziger Stadtteil zahlreiche Geschäfte, auch Passanten wurden angegriffen und eine Dachgeschosswohnung ging in Flammen auf. Seit der Pogromnacht 1938 gab es in Leipzig keinen derart massiven Angriff.
Flickr.com // CC // De Havilland
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Am Jahrestag der Leipziger Ablegers der Pegida-Bewegung versammelte diese alle Kräfte in der Messestadt. Parallel verübte eine Gruppe von 250 rechten Hooligans einen offenbar geplanten Angriff auf den politisch links geprägten Stadtteil Connewitz, zerstörte Geschäfte und setzte ein Wohnhaus in Brand. Die Polizei konnte 211 Angreifer in Gewahrsam nehmen. Amadeu Antonio Stiftung und Roter Stern Leipzig rufen nun zu Spenden für die Betroffenen auf.

Von Lina Morgenstern

Die Wolfgang Heinze Straße gleicht noch in der Nacht einem Kriegsschauplatz. Zum Jahrestag des islamfeindlichen Pegida-Ablegers Legida haben 250 rechte Hooligans die Straße im linken Szeneviertel Connewitz angegriffen. Sie entglasten Schaufensterscheiben von Läden und Gaststätten, griffen PassantInnen an, drangen in ein Restaurant ein und setzten eine Dachgeschosswohnung in Brand. Eines der ersten Ziele des offensichtlich geplanten Angriffs war der Vereinsladen vom Roten Stern Leipzig, einem linken Fußballclub der Messestadt. Polizeisprecher Andreas Loepki unterschätzte am Abend den Angriff wohl deshalb als "Fußballrivalität", die Angreifer stammen von Lokomotive Leipzig und dem Halleschen FC. Beide Vereine verbinden eine Fanfreundschaft und die politische Ausrichtung großer Teile der Anhängerschaft weit nach rechts.

"Die Taten erfüllten in Gänze den Tatbestand des schweren Landfriedensbruchs, wobei die Gruppierung durch Einsatzkräfte kurze Zeit später fast vollständig festgesetzt werden konnte. Die 211 Personen waren zu einem nicht unerheblichen Teil bereits als ´rechtsmotiviert´ und/oder ´Gewalttäter Sport´ aktenkundig sowie aufgrund mitgeführter Utensilien dem Fußballfanklientel zuzuordnen", erklärte Loepki noch in der Nacht in einer Pressemitteilung.

Bei Legida blieb es laut Polizeiangaben weitestgehend friedlich. Trotz des Aufrufs an die Verbündeten in Chemnitz (Cegida) und Dresden (Pegida) versammelten sich nur 3400 Menschen zum gemeinsamen Jahrestag. Lutz Bachmann und Tatjana Festerling gaben sich ein Stell-Dich-Ein. Als Stargast eroberte Hannes Ostendorf die Bühne, er ist Sänger der rechten Hooliganband Kategorie C und gab zur Akustikgitarre den Song "Leipzig gegen Salafisten" zum Besten. Ostendorf heizte mit seiner Musik schon die Demonstrationen der Hooligans gegen Salafisten an. Wenige Stunden zuvor war eine parallel geplante Veranstaltung der rechten "Offensive für Deutschland" (OfD) von Ex-Legida-Organisator und Fußballhooligan Silvio Rösler abgesagt wurden. Via Facebook rief die OfD ihre AnhängerInnen dazu auf, an der Legida-Veranstaltung teilzunehmen.

Ausschreitungen mit Ansage

Während sich 2800 GegendemonstrantInnen bei den No-Legida Veranstaltungen versammelten, begaben sich 250 Hooligans auf den Weg nach Connewitz. Mit sich führten sie ein Plakat der Aktion "Leipzig bleibt helle", die sich unter der Schirmherrschaft von Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) mit einer Lichterkette um die Leipziger Innenstadt gegen die Ideologie der Legida-Demonstration richtete.  

Die vom Verfassungsschutz beobachtete "Brigade Halle" rief öffentlich zur Gewalt in Leipzig auf. (Quelle: Störungsmelder)

Dass es am 11.01. in Leipzig zu rechten Ausschreitungen kommen könnte, war nach dem im Dezember missglückten "Sturm auf Connewitz" der Partei "Die Rechte" zu erwarten. Via Facebook versprach auch die "Freie Kameradschaft Dresden" eine "Überraschung" am Abend der Legida-Demonstrationen an, wie das Onlinemagazin Alternative Dresden News berichtet. Auf Twitter kündigte die vom Verfassungsschutz beobachtete Nazigruppe "Brigade Halle" einen "Sturm auf Leipzig" an. Schon im Dezember hatten Nazis und Rechte eine Sterndemonstration in dem links geprägten Leipziger Süden geplant. Parallel sollten drei Demonstrationen die von der Partei "Die Rechte", "Anne aus Meißen", einem ehemaligen Mitglied der rechtsextremen Initiative "Heimatschutz Meißen", und von Silvio Rösler angemeldet wurden, laufen. Schließlich wurde aber nur eine kurze Route durch die Leipziger Südvorstadt genehmigt. "Zwischen Legida und zahlreichen rassistischen Aufmärschen scheinen insbesondere DIE RECHTE und die ´Offensive für Deutschland´ um die Relevanz zu ringen, die ihr bisher versagt bleibt", erklärte Landtagsabgeordnete Juliane Nagel (Die Linke) dazu.

Timo Reinfrank ist Geschäftsführer der Amadeu Antonio Stiftung und gut mit den Verhältnissen in Sachsen vertraut. Die Stiftung arbeitet u.a. in Sachsen gegen Rechtsextremismus und zur Demokratieförderung. "Es ist mir unklar, warum ein Angriff mit Ansage und solchen Ausmaßes in Sachsen nicht verhindert werden konnte. Besonders, da sich das Land ein Operatives Abwehrzentrum der Polizei mit Sitz in Leipzig leistet, welches auf rechtsextreme Straftaten spezialisiert ist." Das Operative Abwehrzentrum ist mit dem Sächsischen Verfassungsschutz verzahnt, dem die oben genannten Aufrufe zur Gewalt in Leipzig nicht entgangen sein sollten.

Unklar, wie hoch Schaden und Verletztenzahlen sind

Am Morgen nach dem Angriff ist man in Leipzig-Connewitz damit beschäftigt, die Scherben aufzukehren. In der Leipziger Volkszeitung berichten Augenzeugen von der Nacht. David und Steffen haben die Randale miterlebt, hielten sie erst für eine linke Spontandemonstration, bis sie sahen, dass sich ihnen Hooligans mit Hass-Masken in Farben von Lok Leipzig näherten, der Verein ist für seine rechte Anhängerschaft bekannt. Zunächst zogen die mit Autos angereisten Hooligans schweigend über die Straße, nach wenigen Hundert Metern erreichten sie vom Verkehrsknotenpunkt Connewitzer Kreuz aus ihr erstes Ziel  in der Wolfgang Heinze Straße. "Die begannen jetzt, komplett alle Fenster der Straße einzuwerfen und einzuschlagen. Fünf oder sechs von denen sind auch in den Imbiss ‚Shahia‘ rein. Als dann dort noch Bänke und Stühle aus den zerstörten Fenstern hinausflogen, wusste ich, jetzt muss ich weg ", erzählt David in der LVZ. Neben dem arabischen Restaurant Shahia gingen unter anderem auch Scheiben im Vereinsladen des Fußballvereins Roter Stern Leipzig, im Waschsalon, in den Bars "Könich Heinz", "Bill Hart" und "Goldfisch" sowie beim Augenoptiker Staske zu Bruch. "Als die Gruppe dann in die Auerbachstraße direkt vor dem Kreuz einbog, kamen etwa 20 bis 30 Polizisten und versuchten den Mob einzukesseln. Die waren aber natürlich absolut in der Unterzahl. Einige der Hooligans konnten über die Hinterhöfe noch entkommen, aber einen Großteil bekamen die Polizisten trotzdem unter Kontrolle", erzählen die Zeugen weiter. Mit Gefangenentransportern und einem Linienbus transportierte die Polizei schließlich 211 Angreifer zur Identitätsfeststellung ab.

Nicht bestätigen ließ sich die Meldung der BILD-Zeitung, nach der im weiter entfernten Stadtteil Plagwitz ebenfalls eine Gruppe von 50 rechten Hooligans von der Polizei festgesetzt worden sei. Die Nacht blieb in Leipzig dann auch ruhig, die Polizei setzte zahlreiche Sicherheitskräfte ein und riegelte den Stadtteil weitestgehend ab. Trotzdem setzten Unbekannte noch einige Mülltonnen in Brand.

In der Nacht riegelte die Polizei Connewitz hermetisch ab. (Quelle: Flickr.com // CC // De Havilland)

Amadeu Antonio Stiftung und Roter Stern Leipzig rufen zu Spenden auf

Unklar bleibt auch die Zahl der Verletzten und die Höhe des Sachschadens. Als der Angriff der Hooligans begann, konnten sich Augenzeugenberichten zufolge zahlreiche PassantInnen in umliegende Bars und Geschäfte retten. Die Hooligans scheinen nur in Shahia Restaurant eingedrungen zu sein. Die Vereinsräume des Roten Stern Leipzig waren aufgrund vergangener Angriffe besser geschützt, die Fenster baulich verstärkt worden. Gemeinsam mit der Amadeu Antonio Stiftung ruft der Verein nun zur Spendensammlung für die Betroffenen der Attacken auf. Geschäftsführer Timo Reinfrank zeigt sich gegenüber Fussball-gegen-nazis.de geschockt: "Durch die gestrigen Angriffe auf die belebten Geschäfte in Connewitz und den Brand in einem bewohnten Haus sind Menschen zu Schaden gekommen. Connewitz ist alternativ und migrantisch geprägt, die Attacken haben damit eine hohe Signalwirkung. Unsere Sorge und Unterstützung gilt nun den Betroffenen." Stadthistoriker Sascha Lange bezeichnete den Angriff als den massivsten seit der Pogromnacht im November 1938.

Die sächsische Landtagsfraktion der Linken hat nach den Hooligan-Krawallen von Leipzig die CDU aufgefordert, das Thema rechte Gewalt auf die Tagesordnung zu nehmen. Jahrelang habe die Union ein verengtes Bild von Heimat in Sachsen zelebriert und alternative Szenen wie im Leipziger Stadtteil Connewitz als Feindbild abgestempelt, erklärte Linken-Fraktionschef Rico Gebhardt. "Auf dem Wohn- und Lebensumfeld dieser Menschen trampeln nun Hooligans, deren Verflechtungen mit Nazi-Strukturen bekannt sind, mit Gewalt und Zerstörungswut herum."

 

Laut Pressemitteilung zur Spendenaktion sollen diese an die Läden und Geschäfte gehen, die direkte Schäden (Schaufenster, Inneneinrichtung usw.) zu begleichen haben, insbesondere jene ohne Versicherungsschutz. Spenden können Sie unter:

Opferfonds CURA der Amadeu Antonio Stiftung, Stichwort: Leipzig
GLS Bank Bochum
IBAN: DE75 4306 0967 6005 0000 02
BIC: GENODEM1GLS
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„Die Rechte“: Maschendrahtzäune und Pfefferspray gegen Geflüchtete

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"Die Rechte" beim Wahlkampf in Sachsen-Anhalt: Wahlplakate in Magdeburg-Olvenstedt
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Robert Fietzke // Twitter: @robert_fietzke
https://twitter.com/robert_fietzke
Schwerpunkt „Rechtsextremismus in Zeiten der Flüchtlingsfeindlichkeit“: Wenn viele politische Akteure offen rassistisch sind, wie sticht eine rechtsextreme Partei dann noch heraus? Heute: „Die Rechte“ hatte zuletzt einen veritablen Aufmerksamkeitserfolg mit ihrem „Wir hängen nicht nur Plakate“-Plakat.
 

Von Oliver Saal

Am kommenden Sonntag, den 13. März 2016, finden Landtagswahlen in Sachsen-Anhalt, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz statt. Für „Die Rechte“ sind das die ersten Landtagswahlen, an denen die Partei überhaupt teilnimmt – jedenfalls in den beiden zuerst genannten Bundesländern. In Sachsen-Anhalt kandidiert sie landesweit. Listenerster in dem Bundesland, in dem sie nach eigenen Angaben lediglich 56 Mitglieder besitzt, ist Roman Gleißner. Er ist Landesvorsitzender und stellvertretender Bundesvorsitzender, war parteipolitisch bereits für „Die Grauen“ und die rechtsextreme DVU aktiv. Neonaziführer Christian Worch, der Bundevorsitzende der Partei, setzt große Hoffnungen in die Wahl, das ließ er den Anhaltiner Ableger in einem Grußwort wissen, welches das AIB dokumentiert. Er betrachtet seine Partei als potentielle Avantgarde einer historischen Situation, in der sich ein größerer Teil der deutschen Bevölkerung von der vermeintlich zu flüchtlingsfreundlichen Politik ihrer Regierung abwendet:

„Grüße aus der Ferne: Ich wäre gern heute hier, aber leider muß ich arbeiten. Unser nächstes strategisches Ziel ist es, in den Genuß der Staatsfinanzierung zu kommen. Die erste realistische Aussicht hierauf sehe ich im Frühjahr 2016 in Sachsen-Anhalt. Die äußeren Verhältnisse sind günstiger als je zuvor: HOGESA im Köln und Hannover, PEGIDA in Dresden oder die Montagsdemonstrationen „Nein zum Heim“ in Berlin beweisen, daß der gewöhnliche Bürger keine Angst mehr vor dem Schulterschluß mit radikaleren Kräften hat. Wir sind in einer Situation, wo wir das strategische Ziel erreichen können, und unser derzeit neuster Landesverband hat dabei die ehrenhafte Gelegenheit, die Vorreiter-Rolle zu spielen.“ (Fehler im Original)

In Baden-Württemberg kandidiert die Partei lediglich in 9 von 70 Wahlkreisen – zum Vergleich: die NPD tritt hier in 66 von 70 Kreisen an. In Rheinland-Pfalz gibt es zwar seit 2013 einen „Die Rechte“-Landesverband, einen Antritt zur Landtagswahl konnte der jedoch nicht bewerkstelligen.  

Screenshot: Homepage des KV Hamm von „Die Rechte“

Natürlich gehört Flüchtlingsfeindlichkeit zu den Kernthemen von „Die Rechte“. Die Bundespartei kommentierte via Facebook-Seite die Berichte über ein am 25. August 2015 nach einem Brandanschlag im brandenburgischen Nauen abgebranntes Flüchtlingsheim so zynisch, wie es nur geht: Es sei „natürlich immer wieder bedauerlich, wenn mit dem Brand eines Hauses deutsches Volksvermögen vernichtet wird“. Die „Herrschenden“ würden es aber einfach nicht kapieren, „dass das deutsche Volk endgültig die Schnauze voll von dem Asyl-Wahnsinn hat“. Deshalb würden „leider auch in Zukunft noch Häuser brennen“. Die ehemalige Turnhalle war bereits bezugsfertig und sollte nur wenige Tage später von Geflüchteten bezogen werden. Die Partei hat sich mit diesem Statement in vollem Umfang hinter die Brandstifter und ihre potentiell mörderischen Taten gestellt.
Inzwischen sind solche Facebook-Kommentare nicht mehr leicht möglich: Die Seiten der Bundespartei (3.200 Likes) und des besonders aktiven Dortmunder Kreisverbandes (10.000 Likes) hat Facebook im Januar 2016 gesperrt. Inzwischen sind auch die Seiten von so gut wie allen Landes- und Kreisverbänden von Sperrungen und Löschungen betroffen. Angesichts der hohen Likezahlen dürfte das die externe Kommunikation der Partei empfindlich gestört haben. Die Neonazis weichen auf das unter ihresgleichen und Verschwörungstheoretikern beliebte russische VK-Netzwerk aus.

Screenshot: VK-Profil von "Die Rechte Suhl"

 

„Die Maschendrahtzaunpartei“ – In Sachsen-Anhalt macht sich die Partei mit absurden Forderungen lächerlich

Mitte Februar 2016 wurde ausgerechnet der Ableger der Partei, in den Christian Worch so große Hoffnungen setzt, zum Gespött des Internets. Der Landesverband Sachsen-Anhalt verkündete in seinem Programm zur Landtagswahl, er fordere einen „gesicherten 3 m hohen Maschendrahtzaun um das Bundesland Sachsen-Anhalt zum Schutz seiner Bürger vor weiteren Invasoren“. Keine Frage: Mit „Invasoren“ meinen die Neonazis Einwanderer ­– das Wort gilt in sämtlichen rechten Spektren von „PI News“ über Pegida und AfD bis zu „Die Rechte“ als Synonym für Flüchtlinge.
In belustigtem Ton berichteten Blogs wie Kraftfuttermischwerk sowie Onlinepräsenzen von Nachrichtenmagazinen wie stern.de oder Mopo24 über die Idee. Twitter-Nutzer erinnerten scherzend an die Singleauskopplung „Maschendrahtzaun“ von Stefan Raab aus dem Jahr 2000 und fragten, ob der Zaun nicht noch zusätzlich durch einen Knallerbsenstrauch gesichert werden könne.
Die Bundespartei zeigte sich sichtlich bemüht, die absurde Forderung als von langer Hand geplanten sozialmedialen Coup darzustellen: Die nationale Berichterstattung bezeichnete sie als einen „werbemäßiger Durchbruch“ für die kleine Partei. Es habe sich selbstverständlich um einen Witz gehandelt, der nur aufgenommen wurde, „um mal zu sehen, ob so was überhaupt gelesen wird und, wenn ja, ob oder wer darauf reagiert. Das hat ganz wunderbar geklappt.“
Auf die Idee, dass Medien und Öffentlichkeit auch über andere Entsetzlichkeiten und Dummheiten berichten und dass diese Berichterstattung die, über die Bericht erstattet wird, selten in einem guten Licht erscheinen lässt, scheint bei der Partei „Die Rechte“ noch niemand gekommen zu sein.


Screenshot: Wahlprogramm auf der Homepage des LV Sachsen-Anhalt von "Die Rechte"

 

Magdeburg: „Wir hängen nicht nur Plakate“-Plakat vor Flüchtlingsheim

Ebenfalls in Sachsen-Anhalt verbreitet die Partei anlässlich der Landtagswahlen Plakate mit der Aufschrift „Wir hängen nicht nur Plakate“ – ein Affront, wenn man bedenkt, wo diese Plakate hängen: Etwa direkt vor einer Flüchtlingsunterkunft im Stadtteil Neu-Olvenstedt und auch in Straßen, in denen bekannte Aktivisti_innen gegen Rechtsextremismus wohnen. Dass die Partei damit erst jetzt Empörung erntet, ist allerdings eher der Aufmerksamkeitsökonomie des Internets geschuldet. Der „Die Rechte“-Kreisverband Hamm wirbt mit dem gleichen Spruch schon seit 2013 auf seiner Homepage. („Unser Versprechen für die kommenden Wahlkämpfe: Wir hängen nicht nur Plakate! …wir verteilen nämlich auch Flugzettel, machen Infostände und Demonstrationen.)“

Screenshot: „Die Rechte“ im sozialen Netzwerk „VK“ 

 

Der Kreisverband Hamm: Pfefferspray gegen Geflüchtete

In Nordrhein-Westfalen dient „Die Rechte“ als Ersatzstruktur für verbotene und vom Verbot bedrohte neonazistische Kameradschaftsstrukturen. Die drei umtriebigen Kreisverbände in Dortmund, Hamm und Aachen sind direkt aus diesen Strukturen hervorgegangen – aus dem 2012 verbotenen „Nationalen Widerstand Dortmund“ (NWDO) sowie den ebenfalls aufgelösten Kameradschaften Hamm und Aachener Land.  
Besonders auskunftsfreudig über lokale Aktionen zeigt sich der Hammer Kreisverband der Partei auf seiner Website. Hier wird bezüglich der Flüchtlingspolitik von „Die Rechte“ erklärt, sie sei die „einzige Partei, die sich für konsequente Rückführungspolitik ausspricht“. Die Hammer Neonazis sehen „in der aktuellen Asylpolitik eine Verdrängung der eigenen Kultur und eine ernsthafte Gefahr für die Sicherheit und das friedliche Zusammenleben in unserer Stadt.“ Und wie begegnen sie dieser vermeintlichen Gefahr? Sie inszenieren sich selbst als  Kümmerer: Sie skandalisieren regelmäßig auf ihrer Homepage, wenn die Stadt und der Kreis neue Gebäude als Wohnungen an Flüchtlinge vergeben will, verteilen flüchtlingsfeindliche Flugblätter. Sie mokieren sich in bester Kleingärtnermanier über Lärmbelästigungen. Und sie verteilen Waffen zur Selbstverteidigung.
Im vergangenen Sommer nämlich ging der Ortsverband über das übliche Arsenal neonazistischer, flüchtlingsfeindlicher Agitation hinaus. Die Neonazis teilten selbst über ihre Homepage mit: „Wie am Donnerstag, den 13.August 2015 bekannt wurde, vergewaltigten zwei irakische Asylanten aus Hamm eine junge Frau. Leider bedarf es immer wieder erst solcher grausamen Taten, um die Themen ‚Selbstschutz‘ und ‚Selbstverteidigung‘ in das Bewusstsein der breiten Bevölkerung zu tragen.“ Deshalb verteilten „Aktivist_innen“ der Pfefferspray und Flyer in einem öffentlichen Park – nach eigenen Angaben insbesondere an junge Frauen.

 

Screenshot: Auf seiner Homepage brüstet sich der KV Hamm mit der Verteilaktion

 

„Stadtschutz Dortmund“: „Die Rechte“ spielt Polizei, handelt mit Waffen

Per Facebook verbreitete „Die Rechte“ Dortmund im Juli 2015 Fotos einer besonders perfiden Aktion im Bürgerwehrstil: Ihre Aktivist_innen patroullierten nachts als selbsternannter „Stadtschutz Dortmund“ mit einheitlich gelben „Die Rechte“-T-Shirts im Stadtteil Eving. Nach eigenen Angaben waren sie vor allem in der Nähe einer Flüchtlingsunterkunft aktiv und haben sich dabei Polizeiaufgaben  zugemessen: „Neben dem Zeigen optischer Präsenz führten die Aktivisten auch Gefährdenansprachen bei potentiellen Kriminellen durch, die das Asylheim verließen und teilten diesen mit, dass sie im Visier stehen“ (Fehler im Original), heißt es in einem Bericht der Szene. „Die Rechte“ knüpfte mit der flüchtlingsfeindlichen Aktion an ähnliche Auftritte im Sommer 2014 in U-Bahnen und an vermeintlichen „Schwulentreffs“ an: „Wo die Staatsmacht versagt, sind wir Bürger gefragt!“


Screenshot: Auf der Seite des KV Dortmund verlinktes Youtube-Video von Aktionen des "Stadtschutz Dortmund"

Das vermeintliche Engagement der Dortmunder Neonazis für Recht und Ordnung wird nicht zuletzt dadurch konterkariert, dass sich in ihren Reihen nachweislich Schläger und Gewalttäter befinden. Drei „Die Rechte“-Kandidaten für die Dortmunder Kommunalwahl im Jahr 2014 wurden im gleichen Jahr für ihre Teilnahme an einem Überfall auf ein linkes Szenelokal rechtskräftig verurteilt.

Michael Brück, der stellvertretende „Die Rechte“-Landesvorsitzender NRW, sitzt für die Partei nicht nur seit 2015 im Dortmunder Stadtrat, er bietet über seinen Versandhandel  „Antisem Versand“ auch Ausrüstung für Flüchtlingsfeinde, Nazidevotionalien und Zubehör für den Straßenkampf an. Diese bewirbt er mit dem „Heidenau Rabatt“: Besteller aus der Sächsischen Schweiz bekämen erhebliche Preisnachlässe auf Sturmhauben und Pfefferspray. Wer rund um Heidenau eine Zwille bestellt, die nach Brücks Meinung „ohnehin in keinem deutschen Haushalt fehlen sollte“, erhält dazu 50 Stahlkugeln gratis. In der sächsischen Kleinstadt Heidenau hatte es im August 2015 tagelange rassistische Proteste und auch Ausschreitungen gegeben, nachdem Flüchtlinge dort in einen leerstehenden Baumarkt eingezogen waren.

Neonazis von „Die Rechte“ nehmen außerdem regelmäßig an Kundgebungen und Demonstrationen von „Dügida“ – dem flüchtlingsfeindlichen Ableger von Pegida in NRW - in Düsseldorf und Duisburg teil.

 

Mehr auf netz-gegen-nazis.de:

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"Frei, sozial und national"– Hooligans demonstrierten in Magdeburg

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Hass macht hässlich. Im Bild zu sehen ist ein Redner auf der Demonstration von "Gemeinsam stark Deutschland".
© Danny Marx
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https://www.flickr.com/photos/124214337@N08/26332365335/in/dateposted/

Am Wochenende demonstrierten 700 Hooligans in Magdeburg unter dem Motto "Gegen linke Gewalt und Asylmissbrauch", aufgerufen wurden sie von der rechten Abspaltung der Hooligans gegen Salafisten HoGeSa. Unter den Demonstrationsteilnehmenden, die aus dem gesamten Bundesgebiet angereist waren, befanden sich zahlreiche Neonazis. Über den Tag verteilt demonstrierten 800 Menschen gegen den rechten Aufzug.

Von Robin Dullinge

"Frei, sozial und national" riefen die etwa 700 Teilnehmer_innen der rechten HoGeSa Abspaltung "Gemeinsam Stark Deutschland", als sie vom Domplatz in Magdeburg ihren Umzug starteten. Der Versammlungsleiter sah sich veranlasst das zu unterbinden, offenbar um sich von neonazistischem Inhalt zu distanzieren. Sekunden später hallte es "Hier marschiert der nationale Widerstand". Die Suppe konnte der Versammlungsleiter nicht mehr auslöffeln, war sie doch längst eingebrockt als diverse Teilnehmer_innen mit "HKNKRZ" Merchandise durch die Polizeikontrolle kamen. Auch die Redner_innen waren eindeutig, denn kein geringerer als Alexander Kurth, Landesvorsitzender der Partei Die Rechte in Sachsen, hielt an diesem Tag vor den Augen von Siegfried "SS Siggi" Borchardt eine Rede. Auch weitere Nazigrößen, wie der bekannte Hamburger Neonazi Thomas Wulff oder Michel Fischer von Die Rechte aus Erfurt waren als Demonstrationsteilnehmer angereist.

Polizei mit Großaufgebot im Einsatz

Die Polizei in Sachsen-Anhalt war mit einem Großaufgebot vor Ort um Neonazis und Gegendemonstrant_innen voneinander zu trennen. Den Nazis hatte sie den gesamten Domplatz zur Verfügung gestellt, die etwa 600 Teilnehmer_innen konnten sich dort frei bewegen. Das Bündnis „Blockmd“ wertete die neonazistische Veranstaltung auf ihrer Seite als "gruseliges Schaulaufen der extremen Rechten" aus. Vermehrt berichteten Journalist_innen über Angriffe und Bedrängen durch die Teilnehmer_innen der rechten Hooligan Veranstaltung. Auch ein Hitlergruß konnte fotografisch festgehalten werden. Es kam zu einigen Festnahmen, sowie Anzeigen gegen Neonazis wegen Tragens verfassungsfeindlicher und verbotener Symbole. Die Polizei wertete den Tag insgesamt als friedlich.

"Linke Aktivisten haben Namen und Adressen - kein Vergeben, kein Vergessen" - diese Parole setzen Neonazis in Deutschland leider immer wieder in der Realität um. (Quelle: © Danny Marx)

Gegendemonstrationen von unterschiedlichen Bündnissen

Während des gesamten Tages gab es auch diverse Gegendemonstrationen, zum Beispiel vom Bündnis "Keine Alternative" und dem Bündnis "Ravende Europäer gegen Intoleranz und Nationalismus" - kurz Regina. Insgesamt ging der Tag relativ ruhig von Statten, trotz der monatelangen Mobilisierung von „Gemeinsam Stark Deutschland“ fanden sich laut Polizeiangaben nicht mehr als 710 Teilnehmer_innen in Magdeburg ein.

Dagegen protestierten auf diversen Kundgebungen und Demonstrationen über den Tag verteilt bis zu 800 Menschen. Zum Start des Tages gab es um 13 Uhr, eine Stunde vor dem Naziaufmarsch, eine antifaschistische Demonstration durch Magdeburg. Proteste an der Route der Neonazis waren nicht möglich, da diese von der Polizei konsequent unterbunden wurden. Am Abend fand eine weitere Demonstration vom Bündnis "Keine Alternative" statt. Daran nahmen etwa 400 Menschen teil. Das Bündnis ist angelehnt an die aktuell bundesweite Kampagne "Nationalismus ist keine Alternative", was auch mit entsprechenden Redebeiträgen ergänzt wurde. In einer Pizzeria an der Route waren zu dem einige Neonazis, die die Demonstration stören wollten, von der Polizei aber daran gehindert wurden. Der Umzug ließ sich davon nicht provozieren, beim Kurznachrichtendienst "Twitter" sorgte der Aufenthalt von Neonazis in einer Pizzeria derweil für Gelächter.

Die Gegendemonstrant_innen in Magedeburg gingen unter dem Motto "Keine Alternative!" auf die Straße. Sicherlich ist das auch als Anspielung auf den Wahlerfolg der Alternative für Deutschland in Sachsen-Anhalt zu verstehen. (Quelle: © Danny Marx)

"Gemeinsam stark Deutschland" hat das Schafsfell abgelegt

Einst hatte sich der Verein "Gemeinsam stark Deutschland" daran versucht mit karitativen Aktionen für Obdachlose an Bürger_innen zu richten und sie für sich zu gewinnen. Schnell wurde daraus jedoch eine neonazistische Abspaltung von HoGeSa, die sich vor allem auf den Osten und Norden Deutschlands bezieht. Demonstriert hatte der Ableger bereits in Erfurt und Wilhelmshaven. Dieser findet aufgrund der besseren Organisierung jedoch auch immer mehr Anklang im Westen der BRD, so machte sich gar ein ganzer Bus, bestehend aus Duisburger, Oberhausener und Gladbacher Nazis auf den Weg in Richtung Magdeburg. Diese treffen sich nahezu wöchentlich in Duisburg, um gemeinsam beim offiziellen Pegida Ableger aus NRW mit zu laufen. So war auch das Transparent „Duisburg macht sich grade für Deutschland“ (Rechtschreibfehler im Original) zu sehen, sowie weitere Neonazis aus Düsseldorf, die sich ebenfalls der HoGeSa zuordnen und kurz vor der Auflösung des "Bündnis deutscher Hools" eine offizielle Sektion in Düsseldorf gründeten.

Während der Versammlung kam es außerdem wieder zu massivem Alkoholkonsum unter den rechten Hooligans, die zumeist nicht innerhalb der Fanszenen aktiv sind, sondern sich unter dem Label der "HoGeSa" zusammen gefunden haben und sich darüber als Hooligans identifizieren. Das auch Siegfried Borchardt vor Ort war, ist insofern keine Überraschung, da die Hooligangruppe "Borussenfront" aus Dortmund maßgeblich an der Gründung des Vorgängers von HoGeSa, den "Gnu Honnters", beteiligt war. So lässt sich weiterhin ein Bild skizzieren, das Borchardt als Vordenker einiger rechter Bewegungen zeigt. Aus seiner Vergangenheit als Hooligan innerhalb der Fanszene von Borussia Dortmund bestehen heute noch Verbindungen innerhalb neonazistischer Kreise zur schwarz-gelben Fanszene.

Ob Gemeinsam Stark Deutschland in diesem Jahr noch einmal demonstrieren und um welchen konkreten Anlass es gehen wird, nachdem das Motto diesmal lautete "Gegen linke Gewalt und Asylmissbrauch", ist offen. Sicher kann man davon ausgehen, dass die Demonstrationen sich weiterhin auf den Norden und Osten der Republik konzentrieren, da HoGeSa sich vor allem in NRW etabliert hat und als Stütze von Pegida NRW fungiert. Mit der rechten Hooligan-Szene und den unterschiedlichen *Gida-AktivistInnen wird Ostdeutschland jedoch weiter ein Schauplatz bleiben.

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Fußball-Europameisterschaft 2016: Wieder Zeit für abwertende Ausfälle - Woche 1

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Gut gelaunte Erinnerungsbilder mit Reichskriegsflagge: Hooligan-Posting auf Twitter.
Screenshot Twitter, 13.06.2016

Beim ersten Bild von "Deutschland-Fans" mit Reichskriegsflagge, dass Netz-gegen-Nazis.de auf Facebook postete, fragte ein Nutzer: "Warum machen Sie dafür auch noch Werbung?" Nein, wir machen keine Werbung von rassistische, neonazistische, nationalistische Ausfälle während der Fußball-EM 2016 in Frankreich. Wir dokumentieren sie, um zu zeigen, wie schnell Party-Patriotismus in abwertenden Nationalismus, Rassismus oder gar Rechtsextremismus schwappt. Denn wir glauben, dass Fußball-Freude auch ohne Abwertung möglich ist.
 

Von Simone Rafael

+++ Warnung: Dieser Artikel dokumentiert rassistische und diskriminierende Entgleisungen während der Fußball-WM. Deshalb enthält er an einigen Stellen rassistische und gewaltvolle Sprache +++
 

Diesmal ging die Instrumentalisierung von Fußball für rassistische und islamfeindliche Hetze schon vor Beginn der Fußball-Europameisterschaft 2016 in Frankreich los.

  • Zuerst empörten sich Anhänger_innen von "Pegida Baden-Württemberg"über die nicht-weißen Kinder auf Kinderschokoladen-Tafeln - bis sie verstanden, dass es sich um Kinderbilder der Spieler der deutschen Nationalmannschaft handelte, und dann peinlich berührte ihre Facebook-Seite löschten, während ihnen die Hashtag-Kampange #CuteSolidarity zeigte, wie allein sie mit ihrer Wahrnehmung in Deutschland sind (siehe ngn).
     
  • Während früher (2006) die rechtsextreme NPD mit "WM-Planern" mit dem Titel "Weiß - nicht nur eine Trikot-Farbe. Für eine echte NATIONAL-Mannschaft" von sich reden machte, wollte diesmal die "Alternative für Deutschland" die Bühne Fußball für rassistische und islamfeindliche Hetze nutzbar machen. 
  • So äußerte AfD-Brandenburg-Vorsitzender Alexander Gauland gegenüber der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung", "die Leute" wollten einen wie Innenverteidiger Jerome Boateng nicht zu Nachbarn haben - und reagierte auf Kritik, dass er einen in Deutschland geborenen Christen nicht zum Nachbarn haben wolle, mit der interessanten Aussage, er habe ja nicht einmal gewusst, dass Boateng eine schwarze Hautfarbe haben. Was ja im Folgeschluss heißen müsste, dass er ihn nur wegen seines Namens nicht zum Nachbarn haben wollte - auch ein schöner Beleg für Alltagsrassismus in Deutschland. 
  • Während Gauland für seine Aussage der Gegenwind ins Gesicht blies, suchte sich eine Kollegin aus der AfD Sachsen gleich den nächsten Fußball-Bezug für islamfeindliche Hetze. Andrea Kersten, Kreisvorstand der AfD Mittelsachsen, nannte eine Reise von Stürmer Mesut Özil nach Mekka eine "öffentlichkeitswirksame Pilgerfahrt", die ein "antipatriotisches Signal" sei - und dies alles nur, weil Özil ein Foto seiner Reise auf Facebook veröffentlichte. Auch hier zeigten allerdings die Reaktionen von Millionen anderer Menschen, was sie von der AfD-Attacke hielten - nämlich nichts (vgl. Welt).
  • Kein Wunder, dass verwirrte Patrioten in der AfD daraufhin beschlossen, die Facebook-Gruppe "AfD-Fußballfreunde der Nationalmannschaft" zu gründen - denn offenbar ist das in der AfD ja nicht Konsens, die aktuelle Nationalmannschaft zu unterstützen. Die Gruppe hat 470 Fans, ist sehr schwarz-rot-gold, aber tatsächlich bisher ohne Ausfälle.
     
  • Die Grüne Jugend Rheinland-Pfalz forderte "Fußballfans, Fahnen runter", um abwertendem Nationalismus entgegen zu treten (vgl. Welt) - und erntete dafür Beschimpfungen und  Todesdrohungen. Ein CSU-Generalsekretär beschimpfte sie als "Idioten" (ND)
     

Hier noch eine Collage von Reaktionen, zusammengestellt von Schland-Watch.
 

  • Dann kam das erste Deutschland-Spiel und dazu auch die ersten rechtsextremen Ausfälle. 
     
  • Bereits mittags posierten rechtsextreme Hooligans mit Reichskriegsflagge und "Dresden Ost"-Schal in Lille, sangen "Wir sind wieder einmarschiert" und skandierten "Deutsche Hooligans" (Tagesspiegel). Dann kam es auch zu gewalttätigen Krawallen, bei denen mehr als 50 deutsche Hooligans am späten Nachmittag in der Nähe des Bahnhofs friedlich feiernde ukrainische Fans angriffen. Zwei Menschen wurden nach ersten Angaben leicht verletzt. Dabei hatte die Bundespolizei bereits in der Grenzregion von Rheinland-Pfalz 21 Hooligans gestoppt, davon 18 einschlägig bekannte Hooligans aus Dresden, die auch Sturmhauben und Mundschutze im Auto hatten,  und 3 Hooligans aus Kaiserslautern. . Wie ein Sprecher am Sonntag in Trier sagte, wurde zunächst eine 18-köpfige Gruppe einschlägig bekannter Gewalttäter aus Dresden an der Ausreise gehindert. Unter den 50 randalierenden Hooligans sollen ihrer Schals und T-Shirts nach Hooligans aus Dresden und Leipzig gewesen sein (Frankfurter RundschauSpiegel Onlinemdr). 

 

  • Oliver Pocher versuchte, Aufmerksamkeit mit rassistischem Blackfacing zu erregen:


 

  • Noch ein paar Eindrücke, die User_innen in Sozialen Netzwerken sammelten, etwa das T-Shirt "Nach Frankreich fahr ich nur auf Ketten - EM 2016":

 

  • Jens Eckleben von der AfD Hamburg sieht derweil auf Twitter im EM-Sieg des kroatischen gegen das türkische Team "einen großen Sieg für das christliche Abendland"


 

  • Und eine Leserin der Frankfurter Rundschau weiß schon ganz genau, wer an den Hooligan-Krawallen in Frankreich schuld ist - aber die "Lügenpresse" schreibt es ja wieder nicht:

 

Haben sie auch einen sexistischen, rassistischen, abwertenden Ausfall gesehen? Wir dokumentieren gern, was Sie uns unter redaktion@netz-gegen-nazis.de schicken!

 

Weitere Texte auf netz-gegen-nazis.de:

Zu vorherigen Fußball-Großveranstaltungen entstanden, aber immer noch lesenswert:

Alles zum Thema

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Fußball-Europameisterschaft 2016: Rassismus, Hooligans und Gewalt - Teil 2

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Viel Spott für AfD-Vize Alexander Gauland gab es nach Jerome Boatengs genialer Rettungsaktion im EM-Achtelfinale gegen die Slowakei: So ein Nachbar ist großartig!
Screenshots Twitter / Montage ngn

Fußball-Europameisterschaft 2016: Rassismus, Hooligans und Gewalt - Teil 2. Darin: Mehr Hooligans, mehr Krawalle, mehr Neonazis - auch international.  Rassistische Gewalt und Bedrohung mit EM-Bezug: Stuttgart, Hannoversch Münden, Reutlingen, Berlin, Bautzen, Bremen, Braunschweig. Die Sozialen Netzwerke als traurige Orte voller "unverkrampftem" Rassismus, Hass, Sexismus. Ein Todesopfer rassistischer Gewalt im EM-Kontext gab es in Italien. Und wenig Mitgefühl für die homosexuellen Opfer des Attentats von Orlando bei der Uefa.
 

Von Simone Rafael

 

  • Teil 1 der Dokumentation hier: Bestimmendes Thema der ersten Woche waren die Hooligan-Gewalt, oft mit rassistischem Hintergrund. Und Alexander Gauland maulte gegen Jerome Boateng als Nachbarn.
     

+++ Warnung: Dieser Artikel dokumentiert rassistische und diskriminierende Entgleisungen während der Fußball-WM. Deshalb enthält er an einigen Stellen rassistische und gewaltvolle Sprache +++

Hooligans und Krawalle

Bei den Krawallen in Lille zwischen deutschen und ukrainischen Fans waren auch rechtsextreme Hooligans aus Sachsen beteiligt. Einer von ihnen, aus Dresden, posteten auf Facebook  „Wir mischen mit“ und zeigt dazu Bilder und ein Video von den Ausschreitungen in der französischen Stadt. Darüber ist auf einem breiten Foto die Deutschlandfahne zu sehen. Auf ihr prangt in altdeutschen Buchstaben „Gefechtsbereit“. Auf die Seite des Hooligans kommt man über den Facebook-Account der Gruppierung „Faust des Ostens“, die der sächsische Verfassungsschutz der subkulturell geprägten rechtsextremistischen Szene zurechnet. Auf einem im Internet auf mehreren Seiten zu sehenden Foto aus Lille posieren Fans aus Sachsen mit der Reichskriegsflagge des Kaiserreichs. Ein Hooligan zeigt zudem den Hitlergruß. Ein weiterer hält einen Schal mit der Aufschrift „Dresden Ost“ hoch. Dabei handelt es sich um einen Trupp, der zumindest Kontakte zu Rechtsextremisten unterhält. Ein weiterer Fan zeigt einen Schal mit der Aufschrift „Perverse Menschenfresser“ und gibt sich damit offenkundig als Anhänger einer gleichnamigen Gruppierung Zwickauer Fußballfans zu erkennen (Tagesspiegel) Bei Spiel Deutschland-Ukraine war ein Dortmunder Neonazi im Stadion (Störungsmelder).

Hier noch Expertenmeinungen zur Hooligan-EM, zusammengetragen von der taz.

Und ein guter Kommentar in der Jüdischen Allgemeinen: „Oft ist die Rede vom Kommerz, der den Sport kaputt mache. Der größte Feind aber sind Nationalisten, Rassisten, Schwulenhasser und Antisemiten.“

 

Hooligans bei der Fußball-EM: Die neuen rechten Hilfstruppen

Die randalierenden Schläger in Frankreich lenken den Blick auf das Phänomen des Hooliganismus. In ganz Europa treten die gewaltbereiten Gruppen mit Rückendeckung der neuen rechten Politik ungehemmt auf. Auch außerhalb der EM verbreiten sie Rassismus und Hass (Stuttgarter Zeitung).

 

Rassistische Gewalt und Bedrohung mit EM-Bezug in Deutschland

  • Stuttgart: Nach Schüssen aus einer Schreckschusswaffe auf einen dunkelhäutigen Passanten in Stuttgart hat die Polizei einen Tatverdächtigen vorläufig festgenommen. Er ist 19 Jahre alt und stammt aus Stuttgart-Freiberg. Laut Polizei ist er bislang nicht in Zusammenhang mit politisch motivierten Taten aufgefallen. Der Schwarze Deutsche war am Sonntagabend gegen 23 Uhr in der Nähe des Hauptbahnhofs unterwegs gewesen, als sich ein Kleinwagen näherte. In diesem saßen den Angaben zufolge zwei Männer, die beide ein Deutschland-Trikot trugen. Unvermittelt soll der Fahrer mit der täuschend echt aussehenden Schreckschusswaffe auf den Passanten gezielt und mit dem Ruf „Lauf, Schwarzer“ abgedrückt haben. (Südwestpresse
     
  • Hannoversch Münden:  Vier minderjährige Geflüchtete wurden am 12.06.2016 im Kreis Göttingen von polnischstämmigen Fußballfans, die nach einem Spiel der polnischen Mannschaft mit einer Polen-Flagge unterwegs waren, angegriffen und verletzt, ihre Fahrräder wurden von den Fußballfans beschädigt. Zugleich verbreiteten die Angreifer die Lüge, die Geflüchteten hätten sie mit "Metallstangen und Zaunlatten“ angegriffen und ihre Fahrräder in Richtung der Männer geworfen (Presseportal)
     
  • Reutlingen: Nach dem Spiel Deutschland – Nordirland wird am 21.06.2016 ein 19-Jähriger in Reutlingen rassistisch beleidigt und angegriffen, einer der drei Angreifer zeigte den sogenannten Hitlergruß. Ein 24-jähriger Täter ist einschlägig polizeibekannt. Er beleidigte einen 19-Jährigen wegen seiner Hautfarbe, bespuckt ihn, versetzt ihm einen Kopfstoß und zeigt den Hitlergruß (Südwestpresse).
     
  • Berlin: Es ist schon der dritte Vorfall dieser Art auf der Berliner Fanmeile: Zwei Männer sollen am Samstag, den 02.07.2016, vor dem Spiel gegen Italien den Hitlergruß gezeigt haben. Die Polizei nahm sie vorübergehend fest. Beim EM-Spiel Deutschland gegen Italien sollen erneut Männer auf der Berliner Fanmeile den Hitlergruß gezeigt haben. Nach Angaben der Polizei vom Sonntag ermittelt der Staatschutz deswegen gegen einen 19-Jährigen und einen 22-Jährigen. Laut Polizei beobachteten Polizeibeamte und Zeugen, wie die Männer während des Abspielens der deutschen Nationalhymne vor dem Viertelfinalspiel der Europameisterschaft den verbotenen Gruß zeigten. Sie wurden vorübergehend festgenommen. In einer ersten Befragung hätten beide die Taten eingeräumt, hieß es. Ermittelt wird wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen (rbb)
     
  • Bautzen: In Bautzen (Sachsen) feierten etwa 50 Menschen in der Nacht zum Sonntag, den 03.07.2016, den Sieg der deutschen Fußball-Nationalmannschaft, als in der Menschenmenge ein 20-jähriger Libyer und 43-jähriger Bautzener in Streit gerieten. Dabei besprühte der junge Mann den anderen mit Reizgas und schlug ihn mit einem Regenschirm. Wie die Polizei am Sonntagnachmittag mitteilte, ist der 43-Jährige der Polizei als rechtsmotiviert bekannt. Laut Polizei sei unklar, wer den Streit begonnen habe. Kurz danach informierte ein Zeuge die Polizei, dass sich vor einem Haus mehrere dunkel gekleidete Männer versammelt haben. Anwohner sprachen später von etwa zehn Personen. Die Gruppe skandierte rechte Parolen. Offenbar versuchten einige der Männer, in ein Haus einzudringen, in dem ein 24-jähriger Syrer lebt. Dieser war bei der vorangegangenen Auseinandersetzung involviert gewesen. Er hatte den 20-jährigen Libyer begleitet (Sächsische Zeitung)
     
  • Bremen: Im Bremer Ostertorviertel ist es nach dem EM-Halbfinale zu einem rassistisch motivierten Übergriff auf einen 17-jährigen Bremer mit dunkler Hautfarbe gekommen. Das Opfer wurde laut Polizeiangaben von einer fünfköpfigen Gruppe bedrängt und beleidigt. Das Quintett soll zuvor lautstark verfassungswidrige Parolen gerufen haben. Wie die Polizei mitteilte, stiegen gegen 0.40 Uhr an der Haltestelle "Theater am Goetheplatz" drei Männer und zwei Frauen aus der Straßenbahn Linie 3. Laut Zeugenaussagen riefen sie zuvor rechte Parolen. Einer aus der Gruppe ging demnach auf den 17-jährigen Bremer zu und bedrängte und beschimpfte ihn mit rassistischen Ausdrücken. Zwei 45 und 61 Jahre alte Männer bekamen den Vorfall mit und eilten dem Jugendlichen zu Hilfe. Sie wurden daraufhin mit einer Flasche und einem Fahrrad beworfen, verletzten sich aber nur leicht. Anschließend stieg die Gruppe wieder in die Straßenbahn und verließ diese laut weiteren Aussagen wohl an der Haltestelle Sielwall (Weser-Kurier).
     
  • Braunschweig: Nazischläger in der Innenstadt nach Halbfinale - Am Donnerstagabend waren in Braunschweig gegen 23 Uhr zwei Männer unterwegs, die nach Polizeiangaben extrem rechte Parolen gerufen und einen Mann geschlagen haben sollen. Die beiden sollen einen 32-jährigen Mann verprügelt haben und traten auch noch auf ihn ein, als er schon am Boden lag. Die Beamten stellten die beiden 17 und 24 Jahre alten Beschuldigten. Der 17-Jährige sei stark alkoholisiert gewesen und wurde von der Polizei seinem Vater übergeben. Unkooperativ zeigte sich der 24-Jährige. Er beleidigte und beschimpfte die Polizisten und zeigte den Hitlergruß (Regionalbraunschweig.de)

 

Auch interessant: In Mombach (Rheinland-Pfalz) gibt es eine Kneipe, "Zur Quellwiese", die ist nicht nur mit sehr vielen Deutschland-Fahnen, sondern auch mit Reichskriegsflaggen geschmückte. Ein journalistischer Kollege besuchte die Kneipe und führte ein sehr erhellendes Interview mit dem Wirt, der nach eigener Angabe "Patriot hoch 3", aber "kein Nazi" ist: "Seinen rechten Unterarm hingegen ziert ein Schriftzug. Kaum lesbar auf den ersten Blick steht dort in altdeutscher Schrift „Blut und Ehre“ - eine Parole der Hitlerjugend, eigentlich verfassungswidrig. „Blut und Ehre für meine Familie, Frau, Kinder, für Mainz, für meine Freunde“, zählt Haas auf. „Ich hab es in altdeutscher Schrift gemacht – es ist ja bekannt, warum man das macht.“ Er zögert. „Weil ich ein alter Deutscher bin“, sagt er und lacht kurz auf." (Merkurist)
 

Sexismus

ZDF-Reporterin Claudia Neumann: „Ich stehe kerzengerade im Wind“

ZDF-Reporterin Claudia Neumann hat bei der EURO in Frankreich als erste Frau im deutschen Fernsehen EM-Spiele kommentiert. Das Echo in den sozialen Medien darauf war teilweise verheerend, viele Menschen beschimpften sie auf übelste Art. Nun bezieht Neumann Stellung zu den Angriffen (Die Welt).
Frage: Claudia Neumann, wie nehmen Sie die Verbalinjurien aus dem Netz auf?
Claudia Neumann: Ich stehe weiterhin kerzengerade im Wind und bin keineswegs gefährdet, mich vom Eiffelturm zu stürzen.
Frage: Dann lesen Sie nicht, was mancher "Fan" da so alles schreibt …
Neumann: Nein ich lese wirklich nicht alles. Das ist kein Kokettieren, ich bin ohnehin nicht sehr viel unterwegs in den sozialen Netzwerken. Und ich habe mir vorher vorgenommen, das nicht zu machen, weil ich diese Reaktionen erwartet habe. Aber natürlich bekomme ich das mit, allein schon an den Reaktionen der Kollegen, die sagen: Lass dich nicht beeinflussen.
Frage: Wie gehen Sie damit um?
Neumann: Es hat ein paar Tage gedauert, aber ich habe für mich angenommen, dass ich hier nicht als Reporterin unterwegs bin, sondern in einer Funktion. Ich spiele die Rolle so gut mit, wie ich kann. Wenn es dabei hilft, dass es ein paar jüngere Kolleginnen irgendwann leichter haben – okay. Ich kann's aushalten, ich habe ein dickes Fell.

Soziale Netzwerke und ihre Tücken

 

Nach EM-Aus: Beatrix von Storch hetzt gegen DFB-Team − Das Netz läuft Sturm

Auf gewisse Weise endet die EM, wie sie anfing: Mit rassistischer Hetze durch die AfD. Anfangs hetzte Alexander Gauland gegen Jerome Boateng, am Ende kommentierte die Berliner AfD-Landesvorsitzende  und AfD-EU-Parlamentarierin Beatrix von Storch nach dem deutschen Aus im EM-Halbfinale auf Twitter: „Vielleicht sollte nächstes mal dann wieder die deutsche NATIONALMANNSCHAFT spielen?“ Klingt wie die rassistische Propaganda der NPD in den letzten Jahren („Für eine wahre National-Mannschaft“), aber Storch wäre keine gute AfD-Rhetorikerin, wenn sie sich nicht ein Türchen offengelassen hätte: Gemeint sei – „natürlich“ – kein Rassismus in Bezug auf Spieler mit Migrationshintergrund, sondern Kritik am offiziellen DFB-Namen „Die Mannschaft“. Inzwischen hat sie den Tweet gelöscht (Berliner ZeitungThüringer Allgemeine).

Von Storch war natürlich nicht die einzige Rechtsaußen-Akteurin, die versuchte, die EM für Abwertung und Rassismus zu nutzen. Zuvor hatte Von Storch-Parteikollegin Frauke Petry Fragwürdiges getwittert: „"Schäubles Alptraum: die inzestuösen Isländer gleich im Viertelfinale"“. Wie bitte? „Treffen“ wollte sie damit, so erklärte Petry später, rhetorisch Finanzminister Wolfgang Schäuble, weil der gesagt habe,  Abschottung führe zu Inzucht und würde Deutschland kaputt machen. Es klang aber doch wie eine rassistische Beleidigung der netten Isländer. (Merkur)

Pegidas Lutz Bachmann etwas bediente den in Rechtsaußen-Kreisen bei dieser EM beliebtesten Diskurs nach dem EM-Aus: „Glückwunsch an Afrika für den verdienten EM-Sieg über … ja was eigentlich … ach ja, „Die Mannschaft“ oder „Das Land“!? Fazit: Die besseren bzw. die mit den meisten Migranten haben gewonnen! Wir brauchen also dringend mehr Fachkräfte für „Die Mannschaft“! (dokumentiert bei "Fußball-Fans gegen rechts" auf Facebook).

Auch nicht mit Ruhm bekleckert hat sich Markus Söder (bayerischer Finanzminister, CDU) – erst gab es einen Tweet mit Deutschland-Glitzerhütchen und Pizza, die jetzt „verputzt“ werde, dann den Kommentar „Irre! Darauf warten wir seit 40 Jahren. Nur: Nie mehr Elfer für Özil. Künftig Elfer nur noch durch junge Spieler.“ Dass er sich für Özil statt für Müller oder Schweinsteiger entschied, die auch als „alte Spieler“ verschossen hatten, war natürlich reiner Zufall, sagte Söder später. Deshalb löschte er auch den Tweet (web.de).

 

Rassismus mit EM-Bezug in Sozialen Netzwerken

Journalist Sören Kohlhuber dokumentierte rassistische Ausfälle auf Twitter nach dem verlorenen Halbfinal-Spiel Deutschland gegen Frankreich. Peinlich: Dafür wurde er von Facebook gesperrt, dessen Mitarbeiter_innen wieder einmal die Dokumentation rassistischer Hetze mit rassistischer Hetze verwechselten.

 

 

Auch “Schlandwatch” dokumentiert Entsprechendes – etwa ein “entspanntes” “Italien raus” an der Pizzeria vor dem Deutschland-Italien-Spiel:

 

Oder eine Reichsflagge beim Public Viewing auf Mallorca:

 

Auch zahlreiche Nutzer_innen veröffentlichen auf Facebook ihre Erlebnisse - auch hier gab es einen Kommentar zum Public Viewing auf Mallorca:

„Nachdem Mesut Özil den Elfmeter verschossen hat, rief jemand am Nachbartisch "Der türkische Hurensohn." Als ich und mein Nachbar sofort reagierten und diese Äußerung zutiefst verurteilten waren die Betroffenen doch sehr erstaunt und beleidigten uns. Man versuchte mich dann zu beruhigen. Doch am meisten schockiert haben mich die peinlich berührten Weggucker, denen wir wohl die Partylaune unterbrochen haben. Dabei dachte ich, dass die Beleidigung des Menschen Mesut Özil die Stimmung verdorben hat. Hmmm. Dann skandierten an anderer Stelle alle Sieg. Man hörte vereinzelt Heil aus dem Hintergrund. Wieder war ich zutiefst schockiert und rief Nazis raus. Doch vielen war ich wohl eher peinlich. Beim Heil rufen hörten sie es zwar, doch duldeten es. Mein Tischnachbar und ich waren erschüttert. Tausende "Deutsche" sitzen als Ausländer in Spanien und gucken und hören weg. Ich weiß sehr wohl, dass Stimmung wichtig ist. Aber ich weiß auch, dass diese Stimmung auch Verantwortung trägt.“
 

 

Heftig war der Rassismus gegen zwei junge Französinnen beim Public Viewing in Köln:

„Einige Freunde und ich wollten heute Abend gemütlich Fussball zusammen gucken und gingen dafür in die Kölner Innenstadt. Wohlgemerkt: Unter diesen Freunden waren zwei Fransösinnen, die natürlich gerne ihr Team anfeuern wollten. Wir saßen also in einem Restaurant und bis zum 0:0 war alles gut (…).Nach Ende des Spiels schienen diese Menschen ihre Aggressionen aber an irgendjemandem auslassen zu wollen: Meine Freundinnen wurden massiv beleidigt. So einen wunderbar "unverkrampften" Patriotismus wollte ich so nicht stehen lassen. Es hat mich in dem Moment zutiefst geschockt, dass völlig Unbekannte in einer Bar auf uns losgehen. Es brach eine lautstarke Auseinandersetzung aus, während dessen eine junge Frau sich berufen fühlte, auf mich loszugehen und u.a. ein Glas Wasser nach mir zu werfen. (An dieser Stelle möchte ich sagen: es gab einige andere Menschen, die eingeschritten sind und die Freundinnen von mir verteidigt haben, auch wenn es leider zu viele gab, die nichts gesagt haben.) Die Gruppe verließ dann nach verschiedenen Aufforderungen das Restaurant. Die eine meiner Freundinnen war mittlerweile in Tränen ausgebrochen, wir alle waren völlig fassungslos, wieviel Hass uns wegen einem Fussballspiel entgegen geschlagen war.“

 

Ähnliches erlebte ein Deutsch-Italiener beim Public Viewing des Spiels von Deutschland gegen Italien in Lübeck und schilderte es der taz: "Ein Typ neben mir fing an, mich bei jeder Aktion anzupöbeln, die irgendwie gegen Deutschland lief. „Der Scheiß-Itaker soll seine Fresse halten“, war noch eine der netteren Sachen. Er hörte gar nicht mehr auf und wollte, dass ich auf seine Provokationen eingehe. Ich wollte gar nicht reagieren. Ich wollte einfach nur das Spiel gucken – es war ja auch total spannend. Aus demselben Grund hatte ich auch kein Italien-Trikot angezogen. Das mache ich schon länger nicht mehr: Ich habe einfach keinen Bock mehr auf die dummen Sprüche. Die kommen automatisch, wenn man ein Italien-Trikot trägt. Der Hinweg zur Kneipe wäre scheiße gewesen. Und der Rückweg sowieso. Egal, wie es ausgegangen wäre."

 

Rassismus und Rechtsextremismus International

 

Italien beklagt ein Todesopfer rassistischer Gewalt mit Fußball-Hintergrund: Flüchtling aus Nigeria in Paolo Calcinora auf offener Straße erschlagen

Ein Flüchtling aus Nigeria ist bei einem rassistischen Überfall in Italien auf offener Straße getötet worden. Der 36-Jährige sei in der Kleinstadt Fermo bei einem Spaziergang mit seiner Freundin von einem Fußballfan rassistisch angepöbelt und dann brutal auf den Kopf geschlagen worden, berichtete die Nachrichtenagentur Agi. Der Nigerianer sei bewusstlos zu Boden gegangen und am Mittwoch im Krankenhaus gestorben, ohne das Bewusstsein wiedererlangt zu haben. Die Gewalttat habe sich bereits am Dienstag ereignet (oe24.atBild.de)

Russischer Fanverband schickt Neonazi zur EM

Hass und Gewalt werden von oben gepredigt: Neonazi Alexander Shprygin gehört zur russischen Delegation. „Ich kann nichts Schlimmes daran finden, wenn Fans sich prügeln“, polterte Igor Lebedev: „Im Gegenteil: Gut gemacht, Jungs – weiter so!“ Der Hool im Anzug sitzt im Exekutivkomitee des russischen Verbands und für die ultranationalistischen „Liberaldemokraten“ im russischen Parlament. Der 43-Jährige  steht beispielhaft für ein rechtsextremes Netzwerk im russischen Fußball: Sein Assistent Alexander Shprygin ist als Delegationsmitglied mit nach Frankreich gereist – auch wenn seine rassistische Forderung, es sollten „nur slawische Gesichter in der Nationalmannschaft“ zu sehen sein, nicht erfüllt wurde. Bei einem Konzert der rechtsextremen Band „Korrotia Metalla“ zeigte Shprygin auf der Bühne den Hitlergruß. Der Neo-Nazi ist als Chef des allrussischen Fan-Verbands dabei (moponzz)
 

Englische Fans werfen Münzen nach bettelnden Roma-Kindern

Neue Bilder zeugen von der Rohheit vieler Fußball-Anhänger jenseits der Spiele. Ein Video aus Lille zeigt englische Fans, vor dem Restaurant „Les 3 Brasseurs“. Grölend werfen sie Centstücken in ihre Mitte, wo sich vier Roma-Kinder auf das Geld stürzen. Teilweise stürzen sich die Kinder aufeinander, um sich das Geld gegenseitig streitig zu machen. Zwischendrin werden Kronkorken geworfen. Große Erheiterung, als die vier bemerken, dass sie sich um Wertloses balgen. Die Meute singt, lacht, tanzt, filmt, feiert sich. Einer im weißen Rooney-Trikot geht zu den vier Jungs hin, deutet mit der Faust, an, die Kinder zu boxen. Ein alter Bekannter. Er war involviert, als britische Anhänger sich in den Straßen von Lille am Dienstag eine Schlacht mit russischen Hooligans lieferten (Welt).

 

Rassismus in Polen: Rechte missbrauchen EM-Erfolge

Rechte polnische Gruppen nutzen die Erfolge des Nationalteams als Bühne für rassistische Parolen. Die polnische Ultraszene ist stramm rechts. So liefen polnische Ultras vor dem Spiel zwischen Polen und der Ukraine in Marseille mit einem Banner mit der Aufschrift „Defenders Of European Culture“ durch die Straßen, später war es auch in der polnischen Fankurve zu sehen. Marseille, eine durch Einwanderung geprägte Stadt, gilt vielen Polen als der Inbegriff eines verhassten multikulturellen Westeuropas, das seine Wurzeln verloren hat. Eine Sichtweise, die nicht nur bei polnischen Rechtsradikalen verbreitet ist. Rechte Kräfte versuchen vielfältig, die Erfolge der polnischen Mannschaft zu vereinnahmen. So postete die „Allpolnische Jugend nach dem Achtelfinalsieg gegen die Schweiz ein Foto der Mannschaft in Anzügen mit der Parole: „All Different. All White. Poland Euro 2016“. Zum Glück reagiert der polnische Fußballverband, der sich in der Vergangenheit mit der Bestrafung so mancher rassistischer Symbole in den Stadien schwergetan hatte, dieses Mal sofort. Der Verband kündigte einen Tag später rechtliche Schritte gegen den Missbrauch dieses Bildes an (Tagesspiegel

 

Fußball-EM ohne Regenbogen: Österreichischem Fußballfan wurde Eintritt mit Regenbogenfahne im Stade de France verboten

Christoph Krottmayer (33) hatte sich sehr auf das Fußballspiel Österreich gegen Island im Pariser Stade de France gefreut (das Spiel endete mit einer 1:2-Niederlage für sein Heimatteam). Mit Freunden war er angereist, um das Nationalteam der Österreicher zu unterstützen. Mit im Gepäck: seine Regenbogenfahne. Den Ticketkontrolleuren sind Fahnen egal, aber bei der Security war dann Schluss. Der französische Sicherheitsmitarbeiter identifizierte die Fahne als „Schwulenfahne“, was ja so auch nicht ganz richtig ist, und zeigte sie seinem Vorgesetzen. Der wiederum erklärte strikt, dass die Fahne draußen bleiben muss, weil die UEFA keine „politischen Statements“ im Stadion erlaube. Für Christoph ist das aber in erster Linie kein politisches Statement sondern eine Bekundung von Offenheit und Sichtbarkeit. Zumal die UEFA ja mit ihrer RESPECT-Kampagne genau das propagiert. Selbst die französischen Polizisten am Stadion hatten geschaltet und meinten, dass die Fahne durchaus ins Stadion gehöre – gerade nach Orlando. Christoph blieb trotz Diskussion am Ende nichts anderes übrig, als die Fahne abzugeben – er durfte sie sich nach dem Spiel wieder abholen (m-maenner.de, vgl. Deutschlandfunk).

Eine Schweigeminute für die Opfer des Attentats in Orland lehnte die UEFA übrigens auch ab (Frankfurter Rundschau).

 

Islands Fußballverband distanziert sich von dänischer Rassismus-Kampagne

Islands Fußballverband KSI hat sich vehement von einer rassistischen Kampagne der dänischen Rechtspartei "Danskernes Parti" in den sozialen Netzwerken distanziert. Darin zeigt die Partei unter anderem ein Foto jubelnder isländischer Nationalspieler mit dem Textzusatz: "Island - Europa".  Dem gegenüber steht ein Foto ausschließlich dunkelhäutiger französischer Nationalspieler, darunter Superstar Paul Pogba von Juventus Turin, mit dem Textzusatz: "Frankreich - Afrika".  In einer Stellungnahme auf seiner Homepage stellte der isländische Verband klar: "Der KSI bedauert es, mit der Danskernes Parti in Verbindung gebracht zu werden und fordert, diese Kampagne unverzüglich zu stoppen. Diskriminierende Kräfte haben keinen Platz im Fußball. Der KSI distanziert sich von Hasspropaganda dieser Art." (Sports.yahoo.com).

 

 

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Hooligan Demo floppte in Dortmund

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Zur Kundgebung von Gemeinsam Stark Deutschland kamen zwar nur wenige Hundert Menschen, unter ihnen war der Anteil von Neonazis jedoch besonders hoch.
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Eintausend Teilnehmende hatte die Polizei zur Demonstration der Hooligans von "Gemeinsam Stark Deutschland" in Dortmund erwartet – letztlich kamen nur einige Hundert. Trotz der geringen Zahl muss auf die Gefährlichkeit der Versammelten hingewiesen werden, die sich teils in mutmaßlich rechtsterroristischen Kreisen zu Hause fühlen. 

Von Robin Dullinge

Der extrem rechte Verein „Gemeinsam Stark Deutschland“, eine Abspaltung der „Hooligans gegen Salafisten“, versuchte am 8. Oktober 2016 nach zwei Jahren erneut in Dortmund zu demonstrieren, um Stärke zu beweisen. Rund 300 Teilnehmende hatte der Anmelder und Neonazi Marcel Kuschela, auch bekannt unter dem Namen „Captain Flubber“, bei der Dortmunder Polizei angekündigt. Unter dem Motto „Schicht im Schacht – Gemeinsam gegen den Terror“ wollten Neonazis und rechte Hooligans eigentlich durch die Dortmunder Innenstadt ziehen. Das Oberverwaltungsgericht in Münster folgte jedoch einer Argumentation der Polizei und wandelte die Demonstration in eine Kundgebung um.

Mit Terrorismus gegen den Terror?

Der Anmelder hatte zwar nur rund 300 Teilnehmer_innen angekündigt, erwartet wurden m Vorfeld, auch wegen einer bundesweiten Mobilisierung rund 1.000 Neonazis und rechte Hooligans. Durch den Auflagenbescheid der Dortmunder Polizei und eine engmaschige Polizeitaktik kamen letztendlich nur 500 Menschen zur Kundgebung. Überwiegend bekannte Neonazis und kaum organisierte rechte Hooligans fanden so den Weg nach Dortmund.

Auch wenn die Versammlung damit unter den Erwartungen blieb und die befürchteten Ausschreitungen ausblieben, wird insbesondere nach Recherchen von „Recherche Nord“ deutlich, dass sich der Verein „Gemeinsam Stark Deutschland“ in mutmaßlich rechtsterroristischen Kreisen bewegt. So nahmen unter Anderem Marco Gottschalk, Frontmann der „Combat 18“-Band „Oidoxie“ an der Kundgebung teil, die sogar einen Live Auftritt hatten. Auch ein Brieffreund von Beate Zschäpe, Robin Schmiemann, der Teil einer „Combat 18“-Zelle in Dortmund gewesen sein soll, war bei der Versammlung zugegen. Letztlich fand auch der als Gründer und Anführer von „Combat 18“ geltende britische Neonazi William „The Beast“ Browning den Weg nach Dortmund. Unterstützung gab es auch von niederländischen Neonazis, die sich teilweise in rechtsterroristischen Kreisen organisieren.

Kaum organisierte Hooligangruppen in Dortmund

Offenbar hatte „Gemeinsam Stark“ versucht an die erste Kundgebung von „HoGeSa“ in Dortmund anzuknüpfen, die als Vorbote für die Ausschreitungen am 26. Oktober 2014 bei der „HoGeSa“ Demonstration in Köln gilt. Doch entgegen der Erwartungen nahmen kaum organisierte Hooligan-Gruppen an der Demonstration teil. Neben der neonazistischen Hooligan-Gruppe „Borussenfront“ waren kaum „echte“ Hooligans zugegen. Vielmehr wurde es zu einem zweiten „Tag der deutschen Zukunft“ und einem Zusammenkommen von diversen Menschen, die sich zwar als Hooligans definieren, im Stadion und in klassischen fußballbezogenen Schlägereien jedoch keinerlei Relevanz haben.

Noch vor zwei Jahren hatte „HoGeSa“ diverse rechte Hooligan-Gruppen aus der gesamten Bundesrepublik mobilisieren können, so dass am Ende rund 4.000 Teilnehmer_innen zusammen kamen. Aus Nordrhein-Westfalen beteiligten sich damals diverse Hooligans aus Düsseldorf und Bochum an der Demonstration.

Zwischen Technikpanne und Alkoholkonsum

Probleme hatten die Organisator_innen der Demo vor allem mit der Technik. Mit eineinhalb Stunden Verspätung startete die Kundgebung mit Redebeiträgen von Tatjana Festerling, Edwin Wagensfeld (beide „Festung Europa), und Torsten Frank („Bekenntnis für Deutschland“). Währenddessen zog es viele Teilnehmer_innen dauerhaft in den Hauptbahnhof, vor allem um Alkohol zu konsumieren. Dabei wurden, wie die TAZ berichtet, beispielsweise auch migrantische Passant_innen angepöbelt und volksverhetzende Lieder in der Bahnhofstoilette gesungen.

Bereits um 17 Uhr beendeten die Organisator_innen die Kundgebung, nachdem ihnen rund die Hälfte aller Teilnehmer_innen quasi davon gelaufen war. Viele von ihnen verpassten den Kurzauftritt der Rechtsrock-Band „Oidoxie“, weil offenbar auch sie nicht mehr damit rechneten, dass diese auftreten würden. Für „Gemeinsam Stark Deutschland“ dürfte die Veranstaltung somit größtenteils frustrierend gewesen sein, selbst aus den eigenen Reihen ernteten die Teilnehmer_innen massive Kritik wegen des hohen Alkoholkonsums.

Am Ende bleibt dennoch ein fader Beigeschmack in Anbetracht dessen, dass es sich auch um ein Get-Together von Akteur_innen aus dem mutmaßlich rechtsterroristischen Spektrum handelte. Dortmund war damit zum zweiten Mal in wenigen Monaten der Ort für eine solche Zusammenkunft, was zeigt, dass vor den zivilgesellschaftlichen Kräften noch eine Menge Arbeit liegt bevor „Es reicht!“ tatsächlich auch in Taten umgesetzt werden kann.

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FC Ostelbien Dornburg: Dürfen Nazis Fußball spielen?

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Die Hütte des FC Ostelbien Dornburg hat schon die richtige Farbe: braun. Weil viele Vereinsmitglieder eine rechte Gesinnung teilen, wurden sie nun aus dem Landessportbund Sachsen-Anhalt und damit vom Spielbetrieb ausgeschlossen.
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Der von Rechtsextremen durchsetzte Kreisligist Ostelbien Dornburg wurde in Sachsen-Anhalt vom Spielbetrieb ausgeschlossen. Gut so, aber auch rechtens? Fabian Scheler interviewte zu dieser und anderen Fragen den Juristen Dr. Paul Lambertz, er hat sich auf Wirtschafts- und Sportrecht spezialisiert.

Erstveröffentlichung auf ZEIT Online

Fabian Scheler: Herr Lambertz, dürfen Nazis Fußball spielen? 

Paul Lambertz: Ja, dürfen sie. Nur, ob es den Nazis auch in einem Sportverband erlaubt ist, das ist fraglich.

Der Landessportbund (LSB) Sachsen-Anhalt hat Ostelbien Dornburg aus dem Spielbetrieb ausgeschlossen. Zum ersten Mal wird damit ein Fußballverein in Deutschland wegen rassistischer und gewalttätiger Ausfälle am Spielen gehindert. Ist das ein grundlegendes Urteil?

Es passt gut in die Zeit, in der eine besondere Sensibilität für rechte Gewalt herrscht. Ich finde es bemerkenswert, dass sich ein Verband explizit den Antirassismus als Ausschlussgrund in die Satzung schreibt. Die Verbände wurden aber auch zum Handeln gezwungen, nachdem in dieser Saison die meisten Schiedsrichter und vier Vereine gegen Dornburg nicht mehr antreten wollten.

Der Verfassungsschutz hatte 15 der 18 Dornburg-Spieler als rechtsextrem eingestuft. Reicht die bloße Ansammlung von Rechtsextremen schon für einen Ausschluss?

Das Gefühl, dass in diesem Verein etwas schiefläuft, ist noch nicht justiziabel. Es braucht Beweise, gerade wenn es um das Fortbestehen eines Vereins geht. Denn ähnlich wie die NPD würden sich die Nazis wahrscheinlich über nichts mehr freuen, als sich wieder in den Spielbetrieb einzuklagen. Der Verband scheint in den vergangenen Monaten aber einige Beweise gesammelt zu haben.

Der Club verbot bereits im vergangenen Oktober zum Beispiel zwei schwarzen Gästespielern in Dornburg zu duschen. Laut Satzung des LSB ist das eine rassistische Handlung, die sanktioniert gehört, oder? 

Wenn das Duschverbot von einem Angehörigen des Vereins wegen der Hautfarbe ausgesprochen wurde, dann hätte das auf jeden Fall bestraft werden müssen. Zumindest aber hätte, wenn der Vorfall dem Verband gemeldet worden wäre, eine Untersuchung des Vorfalls eingeleitet werden müssen.

Ist es in Ordnung, dass ein vorbestrafter Nazi wie Dennis Wesemann, der Kleidung mit gewaltverherrlichenden Motiven vertreibt, auch auf dem Fußballfeld agieren darf?

Es ist enorm schwer, jemandem bereits im Vorfeld die Aufnahme in den Verband zu verweigern. Der Verband setzt sich in seiner Satzung eigene Richtlinien, nach denen er Vereine beurteilt. Er selbst muss sich aber auch an diesen Kriterien messen lassen. Das passiert gerade mit Dornburg: Rassismus und Fremdenfeindlichkeit werden nicht geduldet, die Attacken, auch von Dennis Wesemann, auf gegnerische Teams fallen genau in diese Kategorie. Ein Sportverband sollte immer genau prüfen, wer Mitglied bei ihm werden möchte. Davon gehen politische Signale aus.

Dennis Wesemann hat im April einen Kosovo-Albaner, den einzigen Ausländer im Team des Gegners, bespuckt und bedrängt. Der Albaner musste ausgewechselt werden, der Betreuer riet ihm, in der Kabine zu bleiben, bis die Gäste gegangen seien. Welche Werkzeuge bietet das Sportrecht, um so etwas zu verhindern?

Man könnte Geldstrafen für den Spieler und für den Verein einführen. Auch ein Punktabzug für die Mannschaft wäre ein probates Mittel und eine empfindliche Strafe. Der Ausschluss, der gegen Dornburg ausgesprochen wurde, ist die schärfste Waffe im Kampf gegen den Extremismus im Sport. Wie im Strafrecht muss definiert sein, welches Vergehen eine Strafe nach sich zieht. Nur: Eine rassistische Tat als solche auch zu identifizieren, fällt meist schwer. Eine rechtssichere Lösung wäre es, Gewalt bei Fußballspielen immer zu bestrafen. Lässt sich dabei auch Fremdenfeindlichkeit durch Aussagen nachweisen, könnte man das Strafmaß noch erhöhen.

Wie viel Einfluss darf die politische Gesinnung im Sport haben?

Das regelt die jeweilige Satzung. Der LSB hat sich in seine Satzung geschrieben, dass fremdenfeindliche Übergriffe sanktionswürdig sind. Wenn Dennis Wesemann oder ein Teamkollege andere Spieler nur wegen ihrer Herkunft angreifen, verstoßen sie gegen die Satzung. Nur Mitglied der NPD zu sein, wäre aber für einen Ausschluss meines Erachtens nicht ausreichend.

Also angenommen, die Spieler von Ostelbien Dornburg wären auf dem Spielfeld unauffällig geblieben und hätten keine sichtbaren Hinweise gegeben, dass sie rechtsextrem sind? Hätte der Verband dennoch ein Mittel gehabt, Strafen oder gar ein Verbot anzuschieben?

Das wäre eine schwierige Situation für den Verband gewesen, denn man könnte die Meinung vertreten, dass das Handeln außerhalb des Verbandslebens nicht zu Verbandssanktionen führen kann. Aber das Gedankengut von Rechtsextremen steht in so einem krassen Widerspruch zu den Werten des Sports, dass man in diesem Fall durchaus Verbandssanktionen hätte erwägen können.

Lässt sich der Fußball von den anderen Tätigkeiten des Vereins und seiner Mitglieder noch trennen?

Ich halte es für ausgesprochen schwierig, das Gedankengut Einzelner zu einem Gesamtbild des Vereins zusammenzufügen. Allerdings sind 15 vom Verfassungsschutz identifizierte Rechtsextreme in Dornburg ein eindringliches Indiz. Aber wie gesagt: Begreift man den Sport als Spiel, das bestimmten Werten folgt und bei dem alle nach den gleichen Regeln spielen, müsste ein Fußballspiel einem Nazi und seiner Ideologie ohnehin zuwider sein.

Die Verbände meinten in der Vergangenheit, sie brauchen konkrete Anhaltspunkte, um gegen den Verein vorzugehen. Die Dornburger bedrohten Spieler, Schiedsrichter, provozierten Spielabbrüche und kündigten Hausbesuche an.

Meiner Auffassung zufolge reicht es schon aus, wenn mit einem Hausbesuch gedroht wird. Dass der Verband erst jetzt durchgegriffen hat, ist aus meiner Sicht ein Hinweis darauf, dass er sich absolut rechtssicher sein wollte, bevor er handelt.

Den Verein gibt es seit 2011, auch damals war das Problem wohl allen klar. Der Verein sollte erst gar nicht für den Spielbetrieb zugelassen werden. Per Eilverfahren bekam Dornburg recht, in Rücksprache mit dem Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) hatte sich der Landessportbund gegen einen Weg durch die Instanzen entschieden. Ein Fehler?

Wenn man sich die abgelaufene Spielzeit ansieht, wäre es vermutlich besser gewesen, den Verein schon früher auszuschließen. Vielleicht fehlten vor vier Jahren aber die harten Fakten wie die Erkenntnisse des Verfassungsschutzes, um einen Ausschluss sicher zu begründen.

Der sportpolitische Sprecher der Grünen im Landtag, Sebastian Striegel, forderte: Es darf keine Vereine geben, die von Nazis für Nazis gegründet wurden. Hat er Recht? 

Absolut. Dient ein Verein einem verfassungsfeindlichen Ziel, muss er verboten werden, egal ob politisch rechts oder links. Das ist die formelle Sicht.

Die Realität ist, dass in Dornburg der Sportverein nur ein Teil des Baukastens ist, um rechtes Denken als normal zu etablieren.

Ich kann in meine Satzung auch schreiben, dass ich die Schildkrötenzüchtung fördere und im Vereinsheim plane ich rechtsextreme Gewalttaten. Papier ist geduldig. Die Versammlungen in Dornburg werden wahrscheinlich weiterhin stattfinden, nur unter einem anderen Vorwand. Gut ist jetzt, dass darunter nicht mehr diejenigen leiden, die in der Kreisliga nur Fußball spielen wollen.

Wie geht es jetzt weiter?

Zivilrechtlich hat Dornburg die Möglichkeit, eine einstweilige Verfügung zu erwirken, um wieder mitspielen zu dürfen. Legen sie beim LSB Widerspruch gegen den Ausschluss ein, wird im November noch mal verhandelt. Dort fiele eine endgültige Entscheidung. Einem Dornburger Erfolg räume ich aber kaum Chancen ein.

 

Diese Zweitveröffentlichung wurde freundlicherweise von ZEIT Online genehmigt. Danke dafür!

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Rechtsextreme Hooligans – Zwischen Spaltung und Bündnisarbeit

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Dominik Roeseler (Pro-NRW) ist Anmelder von zahlreichen rechten Demonstrationen und Kundgebungen, so auch am 25.10.2015 in Köln. Trotzdem scheiden sich an ihm die Geister. Er und andere Hooligans sind derzeit stolz, von SPD Chef Sigmar Gabriel als "Pack" bezeichnet zu werden.
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Vor kurzem wurde der geplante Aufmarsch von Nazis und Hooligans in Hamburg am 12. September von der Polizei verboten. Und die zuvor zerstrittenen Hooligans aus dem HoGeSa Spektrum einigten sich auf eine gemeinsame Demonstration am 25. Oktober in Köln. Unser Autor Robin Dulinge zieht Bilanz über ein Jahr "Hooligans gegen Salafisten" und ihre Nachfolger*innen.

Von Robin Dullinge

Wir erinnern uns an den 26. Oktober 2014, rund 4500 Hooligans, Nazis, Ultras und Bürger*innen waren aus der gesamten BRD angereist und folgten einem Aufruf der "Hooligans gegen Salafisten" zur gleichnamigen Demonstration in Köln. Es bahnte sich an, wovor bereits zahlreiche Antifa- und Ultragruppen gewarnt hatten. Hooligans und Nazis, die über Jahre Vernetzung, Politisierung und Mobilisierung inner- und außerhalb der Kurven deutscher Stadien betrieben hatten, betraten gemeinsam die Straße um Rassismus in der Mehrheitsgesellschaft salonfähig zu machen. Was folgte waren Angriffe auf Migrant*innen und Gegendemonstrant*innen, offener Rassismus und rechte Propaganda, initiiert durch Hooligans, die unter dem Deckmantel des "Unpolitischen" alte und neue Hooligans vereinten, während die Institutionen, Vereine und Medien bis dahin die Probleme weitestgehend verharmlosten.

Interessenkonflikte, Spaltung und Neustrukturierung

Ein Hooligan aus Düsseldorf, der seinem Tattoo nach der Gruppe "Bushwhackers" zugehörig scheint, offenbarte bei der Auftaktkundgebung mit einem Redebeitrag wie gespalten die Interessen der rechtsextremen Hooligans schon damals waren. Auf seinen "kritischen" Redebeitrag erhielt er wenig Zustimmung, er appellierte an die Teilnehmenden, dass Hogesa eine Bürgerbewegung und offen für jede*n werden müsse, stieß dabei jedoch in eine Kerbe, die nur kurze Zeit später durch das Entstehen der *Gida-Bewegung zeigte, wie weit verbreitet Rassismus in der Mehrheitsgesellschaft ist. Und sie symbolisiert ihre Bereitschaft, diese mit Nazis und rechtsextremen Hooligans auf die Straße zu tragen.

HogeSa spaltete sich im Februar 2015. Während die erlebnisorientierten HogeSa-Anhänger*innen, vor allem durch die Störung einer Gedenkkundgebungbezüglich der rassistischen NSU-Anschläge in Köln und einem Anschlag auf einen Antifaschisten mit Migrationshintergrund vor dem AZ Wuppertal auffielen, versuchte der neu gegründete Verein "Gemeinsam-Stark Deutschland e.V." (GSD) zunächst durch karitative Aktionen und verschiedene Demonstrationen dem bürgerlichen Spektrum näher zu kommen. Interessant ist, dass einer der Hauptakteure, Dominik Roeseler, Ratsherr von Pro NRW in Mönchengladbach und stellvertretender Parteivorsitzender, sowohl für GSD als auch HogeSa und Dügida tätig war. Er agierte als Anmelder und Pressesprecher für "Gemeinsam-Stark Deutschland", war Mitinitiator und Gründer der HogeSa sowie Anmelder der Demonstration in Köln und spielte bei den *Gida-Demonstrationen in Düsseldorf eine große Rolle. Trotz der Spaltung hielt Roeseler die Kontakte zu den Gruppen, begleitete so die in NRW aktiven HogeSa-Anhänger*innen z. B. zu der Demonstration von Pegida NRW in Wuppertal.

So ist durch den Interessenkonflikt zwar eine Spaltung entstanden, jedoch ähneln sich die Positionen weiterhin. Im weiteren Verlauf der Spaltung entstand das "Bündnis deutscher Hools", kurz B.D.H., gegründet von zwei rechten Hooligans der Vereine BFC Dynamo und Union Berlin. Mittlerweile erstreckt sich auch dieses Bündnis über die gesamte Bundesrepublik. Eine bereits existente Gruppe sind außerdem die "Berserker Pforzheim", die aus zahlreichen Medienberichten bekannt sind. Auch hier gab es Entwicklungen. Die rechtsextreme Gruppe hat durch die "Division Wolfsburg – Berserker Deutschland" Zuwachs bekommen. Die Gruppe steht offenbar dem B.D.H. nahe, wie das Infoportal "Recherche38" berichtet.

Vernetzung, Demonstrationsschutz und Etablierung

Während sich HogeSa nach der Demonstration in Köln in interne Streitigkeiten und die folgenden Spaltungen begab, entwickelte sich mit Startpunkt in Dresden bundesweit die Pegida-Bewegung.

Schon im Dezember 2014 ließ sich diese als Verein eintragen und konnte mit ihren montäglichen Demonstrationen zeitweilig bis zu 25.000 Menschen auf die Straße bringen. Die Bilder der rassistischen und asylfeindlichen Demonstrationen erinnerten an die Zustände der 1990er Jahre, als im Zuge von diversen Brandanschlägen von Rostock-Lichtenhagen bis Saarlouis 1993 die faktische Abschaffung des Rechts auf Asyl in Deutschland beschlossen wurde.

In zahlreichen Städten entwickelten sich Ableger von Pegida, was zur Folge hatte, dass die rechtsextremen Hooligans noch mehr Anschluss in die Mehrheitsgesellschaft fanden und durch ihr Gewaltpotenzial sowohl für den Schutz der *Gida-Demonstrationen verantwortlich waren, als auch für zahlreiche Angriffe auf Gegendemonstrant*innen und Journalist*innen. Sie waren also keineswegs von der Bildfläche verschwunden, im Gegenteil konnten sie beinahe ungestört von den staatlichen Behörden nicht nur rassistische Hetze verbreiten, sondern Flüchtlingsunterkünfte angreifen und das Recht auf Pressefreiheit einschränken. Darüber hinaus erwirkten sie, dass die Bundesregierung das Gespräch mit Nazis, rechten Hooligans und Rassist*innen aufnahm, indem der Dialog mit Pegida gesucht wurde. Im Juli wurde auch das Asylrecht weiter verschärfte.

Parallelen zu den 1990er Jahren?

Geschichte wiederholt sich nicht, jedoch ähneln die aktuellen Anschläge und Angriffe auf Geflüchtete und deren Unterkünfte, vor allem im sächsischen Heidenau, denen die sich in Rostock-Lichtenhagen vor 23 Jahren ereigneten. Erst als der öffentliche Druck enorm hoch war, äußerten sich auch die höchsten Amtsinhaber*innen zum tobenden braunen Mob. Pikant ist, dass jene Politiker*innen vor Ort waren, die durch ihre Gesetzgebung maßgeblich an diesen Zuständen beteiligt sind. So bezeichnete SPD-Chef Sigmar Gabriel, die Rassist*innen als "Pack" und wie die Journalistin Jutta Ditfurth schreibt, auch als "undeutsch". Sie erklärt, dass er sich damit also der Nazi-Rhetorik anschließt. Bundesinnenminister Thomas de Maiziére (CDU) beschäftigt sich derzeit intensiv mit der deutschen Flüchtlingspolitik. Immerhin besuchte er vor kurzem einen Anti-Rassismus Workshop beim BVB. Man sollte von einem Innenminister erwarten, dass er einen Fokus auf die Verhinderung der extrem rechten Gewalt lege. Jedoch bemüht er sich um eine weitere Verschärfung des Asylrechts und begegnet dem grassierenden Rassismus, indem er die Forderungen der Rechtsextremen indirekt unterstützt.

Positiv ist die Reaktion in vielen deutschen Stadien. Zahlreiche Vereine und Fankurven solidarisieren sich mit Geflüchteten, laden diese zu Spielen ein, widmen Antidiskriminierungsarbeit und dem Kampf gegen rechte Tendenzen mehr Aufmerksamkeit. Jedoch äußern sich auch extrem rechte Fans sich zu Thematiken, so beispielsweise durch die erst kürzlich stattgefundene Aktion "Fuck Valentin", die den in Untersuchungshaft sitzenden Bremer Ultra Valentin als "linken Gewalttäter" diskreditieren soll. Beim Pokalspiel des RWE präsentierte die Essener Kurve ein solches Spruchband. Monate vorher, nach dem Vorfall beim Derby des SVW gegen den HSV, solidarisierten sie sich schon mit den rechtsextremen Hooligans aus Bremen. Valentin war nach Angriffen von rechten Hooligans auf Bremer Ultras und daraus folgende Auseinandersetzungen beim Nordderby verhaftet worden.

Nazis und Hooligans in der Bündnisarbeit: Demonstrationen am 12.09. und 25.10.

Während sich also die rechten Hooligans neue Gruppen gründen und sich vernetzen, steht am 12.September der nächste große Nazihooligan-Aufmarsch bevor. Zum "Tag der deutschen Patrioten" mobilisieren die oben genannten Gruppe nach Hamburg. Auch Dominik Roeseler ruft auf seiner Seite dazu auf. Es kann damit gerechnet werden, dass an diesem Tag von Alltagsrassist*innen bis hin zu extrem rechten Kadern Alle auf die Straße gehen werden, die sich mit nationalistischem und rassistischem Gedankengut identifizieren.

Eine ähnlich große Gefahr birgt, dass die rechten Hooligangruppen HogeSa, GSD, das "Bündnis deutscher Hooligans" und die "Berserker Deutschland" ihre Streitigkeiten mit den Mit-Organisatoren auf Eis gelegt haben und nun gemeinsam am 25.Oktober nach Köln fahren wollen. Die Demonstration steht unter dem Motto "Köln 2.0 - friedlich und gewaltfrei gegen islamischen Extremismus" und wird von Andreas Kraul und Dominik Roeseler getragen. Im Vorfeld hatten die einzelnen Gruppen zu zwei Terminen nach Köln mobilisiert, dem 24. und dem 25.Oktober und lagen offenbar im Zwist miteinander.

Bei dem Streit ging es offenbar um einen internen Machtkampf zwischen den Beteiligten, denn kurz vorher distanzierte sich das Bündnis der Hooligan-Gruppen noch von Dominik Roeseler und Andreas Kraul alias Kalle Gabrowski“. Nachdem Roeseler als Pressesprecher von GSD suspendiert worden war, gab er auf seiner Facebook-Seite bekannt, dass er die Distanzierung und internen Differenzen als Diffamierung seiner Person wahrnehme. Die Hooligangruppen versuchten hingegen den bestehenden Konflikt so wenig wie möglich zu thematisieren. Der interne Machtkampf scheint auf ein anderes Datum vertagt worden zu sein. Nun gilt es für die antirassistischen Kräfte am 25.Oktober wachsam zu bleiben.

Bei beiden Demonstrationen wird es das Ziel der rechten Hooligans sein, weiter in die Mitte der Gesellschaft zu dringen. Es gilt diese Demonstrationen kritisch zu begleiten und den extrem rechten Kräften ihren gesellschaftlichen Nährboden zu entziehen. Es ist an der Zeit, sich den Zuständen und Verhältnissen bewusst zu werden, damit in Zukunft Geflüchtete und Migrant*innen die Chance haben, ein selbstbestimmtes Leben ohne Angst vor rassistischer Gewalt zu führen.
 

Factsheet mit einer Übersicht über die Entwicklung der "Hooligans gegen Salafisten" auf Fussball-gegen-nazis.deZu Protesten ruft das Bündnis "Köln gegen Rechts" unter dem Motto "Kein Comeback von HogeSa" auf.
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Fußball in Polen – Nazis auf den Rängen

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Beim polnischen Fußballverein Radomiak Radom fordern Fans aktuell, die vermeintliche "Islamisierung" Polens zu stoppen. Dahinter verbirgt sich vor allem eins, Rassismus gegen Flüchtlinge.
Screenshot Ultras-tifo.de
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http://www.ultras-tifo.net/news/3757-refugees-welcome-or-not.html

Bereits seit Jahren macht der polnische Vereinsfußball eher durch Rassismus und Randale auf den Rängen als durch sportliche Erfolge auf sich aufmerksam. Zuletzt rückten die Fans mit ihrer Ablehnung der Spendenaktion für Flüchtlinge in der Champions League in die Öffentlichkeit. Die Gründe dafür liegen unter anderem in der polnischen Geschichte. Teil 1 einer Serie über Fußball und Fankultur in Polen.

Von Jan Tölva

Fußball in Polen hat eine lange Tradition. Die beiden großen Vereine in Kraków, Wisła und Cracovia, wurden schon 1906 gegründet. In Wrocław, das damals allerdings noch Breslau hieß und zum Deutschen Reich gehörte, fand das erste dokumentierte Fußballspiel sogar bereits 1892 statt, und mit dem FC Breslau, später VfB Breslau, wurde auch eben dort 1898 der erste Fußballclub auf heute polnischem Boden gegründet.

Dennoch spielte der polnische Fußball im Konzert des europäischen Fußballs meist eher eines der Begleitinstrumente. Einzig Legia Warszawa schaffte es zweimal, 1970 und 1991, ins Halbfinale eines europäischen Pokalwettbewerbs vorzudringen. Seither gab es für polnische Clubs nicht viel zu holen. Der letzte Verein aus Polen, der sich für die Gruppenphase der Champions League qualifizierte, war in der Saison 1996/97 Widzew Łódź. In der aktuellen Saison scheiterte Meister Lech Poznań mit zwei Niederlagen mehr als deutlich gegen den FC Basel.

Auch in Polen selbst spielen die polnischen Vereine und die polnische Liga in der öffentlichen Wahrnehmung oft nur eine untergeordnete Rolle. Ein Gutteil der Berichterstattung befasst sich lieber mit den Erfolgen polnischer Spieler_innen im europäischen Ausland, und wer die Gazeta Wyborcza, die größte Tageszeitung des Landes, aufschlägt, kann Pech haben, dass im ohnehin schon mageren Sportteil gleich überhaupt gar nichts über Ereignisse im Fußball zu lesen ist.

Für das polnische Bildungsbürgertum ist es nahezu unvorstellbar sich für Fußball zu interessieren oder gar ins Stadion zu gehen. Das spiegelt sich auch im Zuschauerschnitt der Ekstraklasa wider. Nur fünf von 16 Teams der obersten polnischen Liga hatten in der abgelaufenen Saison einen Schnitt von über 10.000. Ganz im Gegensatz dazu lockt die polnische Männer-Nationalelf bei Heimspielen regelmäßig über 50.000 Menschen ins Stadion Nadorowy in Warschau. Es scheint, dass lediglich der Vereinsfußball auf breites Desinteresse stößt.

In einem völligen Missverhältnis zu den mageren Publikumszahlen steht allerdings die Intensität, mit der diejenigen zu Werke gehen, die dann doch ins Stadion kommen. Im Windschatten der größeren Ligen hat sich in Polen eine durchaus eigenständige Form der Ultrakultur entwickelt, die einerseits für lautstarken Support und anspruchsvolle Choreographien steht, andererseits aber von Gewalt, Hass und extrem rechtem Gedankengut geprägt ist. Infolge des Vorgehens der UEFA gegen Gewalt und Diskriminierung stellt das für den polnischen Fußball in zunehmendem Maße ein Problem dar.

Nation ohne Staat – Ein Blick in die polnische Geschichte

Dass die polnische Fankultur wie die meisten im ehemaligen Ostblock geprägt ist von Nationalismus und einem hohen Maß an Gewaltbereitschaft hat in erster Linie historische Ursachen. Von der dritten Polnischen Teilung 1795 bis zum Ende des ersten Weltkriegs 1918 hat es mit Ausnahme des kurzlebigen Herzogtums Warschau, das kaum mehr war als ein Satellitenstaat des napoleonischen Frankreichs, keinen unabhängigen polnischen Staat gegeben. Der heutige Westen Polens war Teil Preußens und später des Deutschen Reiches, der Süden gehörte zu Österreich-Ungarn und der Rest zum russischen Zarenreich. Das änderte sich erst mit dem Ende des ersten Weltkriegs, als unter anderem auf Betreiben des US-amerikanischen Präsidenten Woodrow Wilson ein unabhängiger polnischer Staat errichtet wurde, der allerdings deutlich weiter östlich als das heutige Polen lag und auch Teile der heutigen Ukraine, Litauens und Weißrusslands umfasste.

In den folgenden Jahren erlebte Polen, genauer: die Zweite Polnische Republik, eine Zeit gesellschaftlicher, kultureller und wirtschaftlicher Blüte, in die auch die Gründung des Polnischen Fußballverbandes, das erste Länderspiel einer polnischen Auswahlmannschaft und unzählige Vereinsgründungen fallen. Diese kurze Blütezeit fand jedoch ein jähes Ende mit dem Einmarsch deutscher und wenig später auch sowjetischer Truppen im Herbst 1939. Nach gerade einmal etwas mehr als 20 Jahren hatte Polen erneut seine Unabhängigkeit verloren. Mehr noch, dem Krieg, dem Hunger und der Shoah fielen an die sechs Millionen Einwohner_innen zum Opfer; die Hälfte von ihnen waren Jüdinnen und Juden. Das entspricht rund einem Fünftel der damaligen polnischen Bevölkerung. Kein anderes Land musste für das deutsche Streben nach Weltherrschaft einen vergleichbar hohen Blutzoll zahlen.

Gleich zweimal kam es zu größeren Erhebungen gegen die deutsche Gewaltherrschaft. Im Januar 1943 erhoben sich die Bewohner_innen des jüdischen Warschauer Ghettos, der jedoch blutig niedergeschlagen wurde. Im August 1944 folgte der Warschauer Aufstand, im Zuge dessen sich rund 45.000 Mitglieder der Polnischen Heimatarmee sich gegen die Besatzer erhoben, doch auch dieser wurde zerschlagen und am Ende starben mehr als 150.000 Menschen – die meisten von ihnen Zivilist_innen.

Die sowjetische Rote Armee stand zu diesem Zeitpunkt schon vor den Toren Warschaus, doch sie griff nicht ein – eine Tatsache, die sich tief in das polnische Nationalbewusstsein eingeprägt hat und viel dazu beigetragen haben dürfte, dass die kommenden Jahre der neu gegründeten Volksrepublik Polen unter sowjetischer Vorherrschaft von vielen als eine Art erneuter Besatzung empfunden wurden.

Fußballstadien als letzte Orte der Freiheit im Realsozialismus

Als sich dann ab Ende der 1970er verstärkter Widerstand gegen das realsozialistische Regime zu regen begann, waren die Fußballstadien wie anderswo im Ostblock auch Orte, an denen eine dissidente Haltung zum Ausdruck gebracht werden konnte. Beim Fußball war es möglich, sich mit der Polizei als Repräsentant des verhassten Staates zu prügeln,  durch Schlachtrufe und Gesänge seiner Abneigung gegen das System Luft zu machen und dabei – was sicher für viele sogar das Wichtigste war – auch noch jede Menge Spaß zu haben.

Besonders augenfällig wurde die Verbindung zwischen Fußball und Opposition in der Hafenstadt Gdańsk. Auf der dortigen Werft hatte es bereits 1970 einen wilden Streik gegeben, der allerdings blutig niedergeschlagen wurde und 80 Arbeiter_innen das Leben kostete. Ein Mitglied des damaligen Streikkomitees war der Elektriker Lech Wałęsa gewesen, der später zu einer der führenden Persönlichkeiten der unabhängigen Gewerkschaft Solidarność und zum Gesicht der polnischen Opposition werden sollte.

Wegen seiner Umtriebe wurde Wałęsa 1982 weit entfernt im Südosten des Landes, nahe der sowjetischen Grenze, interniert. Im Jahr darauf durfte er in seine Heimatstadt zurückkehren; er stand allerdings noch vier weitere Jahre de facto unter Hausarrest. Kurz nach seiner Rückkehr besuchte Wałęsa das Europapokalspiel von Lechia Gdańsk gegen Juventus Turin. Als er von einigen Zuschauer_innen erkannt wurde, erschallte sein Name aus den Kehlen Tausender Anhänger_innen des Vereins und auch „Solidarność“ wurde wieder und wieder gerufen.

„Das Fußballstadion war unser Ort der Freiheit“, erzählte Wałęsa Jahre später in einem Interview mit der Zeit. Weil alle dasselbe riefen, war es schwer, Einzelne zu bestrafen. Das galt umso mehr, als all das vor laufenden Fernsehkameras geschah und zu einer Zeit, in der das Regime behauptete, es gäbe in Polen keine Opposition. Der Fußball und seine Fans hatten gezeigt, dass dies nicht mehr als eine Lüge war.

Alte Werte im neuen Polen

Als dann der Eiserne Vorhang fiel und sich Polen auf den langen Weg gen Westen machte, der das Land 1999 in die NATO und 2004 in die Europäische Union führte, hatte sich in den Stadien längst eine Kultur der Widerständigkeit etabliert. In dem Bewusstsein, das Polen über Jahrhunderte hinweg überhaupt nicht als eigenständiger Staat existiert hatte und auch danach wenig mehr als ein Spielball der Großmächte war, war diese Kultur geprägt von einer starken Bezugnahme auf die polnische Nation, die einen fließenden Übergang hin zu einem stark ausgeprägten und oft völkischen Nationalismus fand.

Diese Entwicklung wurde und wird noch verstärkt durch die Tatsache, dass Polen ein Staat mit einer ethnisch sehr homogenen Bevölkerung war und ist. Rund 95 Prozent der Einwohner_innen sind ethnische Pol_innen. Zählt mensch die regionalen Minderheiten der Kaschub_innen und Schlesier_innen hinzu, sind es sogar fast 98 Prozent. Ebenfalls ungebrochen ist die Vormachtstellung der römisch-katholischen Kirche. Mehr als 90 Prozent der Bevölkerung ist katholisch. Die zweitgrößte Glaubensgemeinschaft, die Polnisch-Orthodoxe Kirche, kommt dem gegenüber auf gerade einmal ein Prozent.

Eine Öffnung hin zu einer pluralistischen, von ethnischer und weltanschaulicher Vielfalt geprägten Gesellschaft, wie sie für viele Länder Westeuropas prägend war, hat es in Polen also nie gegeben. Es ist daher kaum verwunderlich, dass der polnische Nationalismus in besonders hohem Maße von einem Streben nach Homogenität geprägt ist.

Das zweite prägende Moment für die polnische Fankultur, die ablehnende Haltung gegenüber dem realsozialistischen Regime, wandelte sich nach dem Wegbruch desselben meist in einen militanten Antikommunismus und eine weit verbreitete, ganz grundsätzliche Ablehnung gegen alles vermeintlich Rote oder Linke, wozu in den Augen vieler auch Homosexualität, Feminismus und "Multikulti" gehören.

All das hat selbstverständlich Folgen für die Fußballfankultur. Welche das sind und wie die aktuelle Situation in Polen ist, erfahrt ihr in Teil 2.

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HoGeSa – unpolitische Messerstiche in Wuppertal?

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In Wuppertal demonstrierte schon im Juni ein zivilgesellschaftliches Bündnis, um auf den politischen Hintergrund des Messerangriffs durch mutmaßliche HoGeSa Anhänger im April hinzuweisen.
Sechel

Am 5.Oktober begann der Prozess gegen mutmaßliche Anhänger der "Hooligans gegen Salafisten" (HoGeSa), die im April einen Mann vor dem Autonomen Zentrum Wuppertal niederstachen und lebensgefährlich verletzten. Drei Männer waren an der Tat beteiligt, gegen sie wurde nun Anklage erhoben. Dabei scheint die Staatsanwaltschaft die Tat zu entpolitisieren. 

von Robin Dullinge

Am frühen Morgen des 11. April 2015 kam es vor dem AZ Wuppertal zu einem brutalen Überfall auf einen Besucher mit türkischer Migrationsgeschichte. Er wurde von drei Personen angegriffen, die sich durch Rufe als Anhänger von HoGeSa erkenntlich gemacht haben sollen. Ein Tatverdächtiger stach dem Opfer laut Staatsanwaltschaft acht Mal in den Rücken. Nun steht der Beginn des Prozesses gegen die drei Tatverdächtigen bevor, die wegen versuchtem Totschlag und gefährlicher Körperverletzung angezeigt sind. Der mutmaßliche Messerstecher pflegt seit geraumer Zeit enge Kontakte zur neonazistischen Partei "Die Rechte". Bei dieser finden sich vorwiegend militante Neonazis wieder, deren freie Kameradschaften verboten wurden.

Polizei spielte am Tatabend eine zweifelhafte Rolle

Dass es dem AZ Wuppertal und dem Betroffenen jedoch nicht nur um den aus ihrer Sicht versuchten Mord geht, wurde bereits im Sommer deutlich. Am 13. Juni diesen Jahres demonstrierte ein zivilgesellschaftliches Bündnis aus Gewerkschaften, Autonomem Zentrum und Anderen unter dem Motto "Gemeinsam gegen Rassismus & rechte Gewalt" von der Wuppertaler Innenstadt zum Tatort. Dabei gab es auch eine Zwischenkundgebung vor der Polizeiwache "Hofkamp", die am Tatabend ebenfalls eine Rolle spielte und in einem Redebeitrag kritisiert wurde. Zur Sprache kam der Einsatz einer Hundertschaft am Tatabend, die das AZ brutal räumten und ebenfalls Anzeigen wegen versuchtem Totschlag und gefährlicher Körperverletzung gegen einige der Besucher_innen stellten. Am Tatabend hatten Polizist_innen unnötige Gewalt angewendet, um in das AZ  zu gelangen und zunächst zahlreiche der Besucher_innen als Tatverdächtige behandelt. In einem offenen Brief kritisierten die Opferberatung Rheinland und die Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus NRW das Polizeivorgehen als Täter-Opfer-Umkehr und die Kriminalisierung der Hilfeleistenden AZ-Besucher_innen.

Staatsanwaltschaft scheint die Tat zu entpolitisieren

Die Staatsanwaltschaft geht den Anzeigen jedoch weiterhin nach und behauptet zudem, dass zwei der bisher öffentlich bekannten mutmaßlichen Täter nicht mehr in der rechten Szene aktiv seien. Unabhängige Recherchen belegen jedoch das Gegenteil und decken auf, dass es sich bei den Beiden um stadtbekannte und militante Neonazis handelt, die schon über viele Jahre in der rechten Szene aktiv sind. Der politische Hintergrund der Tat ist offensichtlich und seit Beginn 2015 einer von zahlreichen Übergriffen auf Antirassist_innen. Einer der Tatverdächtigen soll ebenfalls bei dem Angriff auf eine Gedenkkundgebung an den NSU-Bombenanschlag in der Probsteigasse beteiligt gewesen sein, der sich am 18. Januar ereignete, nachdem eine Demonstration von HogeSa in Essen verboten wurde.

Folgerichtig problematisiert das Autonome Zentrum an den aktuellen Ermittlungen eine Täter-Opfer-Umkehr und daraus folgende Kriminalisierung antirassistischer Strukturen. Auch deshalb sind am vergangenen Freitag mehrere Hundert Menschen auf die Straßen gezogen, um den öffentlichen Druck auf die Staatsanwaltschaft und Polizei zu erhöhen und von den Anzeigen gegen die Besucher_innen und Helfer_innen des AZ Wuppertal abzusehen. Ohne die schnelle Reaktion einiger AZ-Besucher_innen, die den Betroffenen versorgten, wäre er vermutlich verstorben. "Bisher gibt es keinen nachvollziehbaren Grund für das aktuelle Vorgehen der Behörden, die Ermittlungen dürfen nicht entpolitisiert werden. Die Distanzierung der Täter von rechten Kreisen ist nicht nachzuweisen", erklärte einer der Demonstrierenden. Es müsse Aufgabe der Staatsanwaltschaft und Gerichte sein, den politischen Hintergrund zu ermitteln, zu bewerten und öffentlich ein Statement zu setzen, dass rechte und rassistische Gewalt nicht geduldet werde. "Sollte anders entschieden werden, würde das rechte Gewalttäter_innen in ihrem Handeln bestätigen und motivieren. Diese politische und gesellschaftliche Aufgabe obliegt den Behörden und ebenfalls den Medien, die den Prozess kritisch begleiten und dokumentieren sollten."

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Angriff mit Ansage: Rechte Hooligans verwüsten Leipziger Stadtteil

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In wenigen Minuten zerstörten etwa 250 rechte Hooligans im Leipziger Stadtteil zahlreiche Geschäfte, auch Passanten wurden angegriffen und eine Dachgeschosswohnung ging in Flammen auf. Seit der Pogromnacht 1938 gab es in Leipzig keinen derart massiven Angriff.
Flickr.com // CC // De Havilland
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https://www.flickr.com/photos/de_havilland/23694625724/

Am Jahrestag der Leipziger Ablegers der Pegida-Bewegung versammelte diese alle Kräfte in der Messestadt. Parallel verübte eine Gruppe von 250 rechten Hooligans einen offenbar geplanten Angriff auf den politisch links geprägten Stadtteil Connewitz, zerstörte Geschäfte und setzte ein Wohnhaus in Brand. Die Polizei konnte 211 Angreifer in Gewahrsam nehmen. Amadeu Antonio Stiftung und Roter Stern Leipzig rufen nun zu Spenden für die Betroffenen auf.

Von Laura Piotrowski

Die Wolfgang Heinze Straße gleicht noch in der Nacht einem Kriegsschauplatz. Zum Jahrestag des islamfeindlichen Pegida-Ablegers Legida haben 250 rechte Hooligans die Straße im linken Szeneviertel Connewitz angegriffen. Sie entglasten Schaufensterscheiben von Läden und Gaststätten, griffen PassantInnen an, drangen in ein Restaurant ein und setzten eine Dachgeschosswohnung in Brand. Eines der ersten Ziele des offensichtlich geplanten Angriffs war der Vereinsladen vom Roten Stern Leipzig, einem linken Fußballclub der Messestadt. Polizeisprecher Andreas Loepki unterschätzte am Abend den Angriff wohl deshalb als "Fußballrivalität", die Angreifer stammen von Lokomotive Leipzig und dem Halleschen FC. Beide Vereine verbinden eine Fanfreundschaft und die politische Ausrichtung großer Teile der Anhängerschaft weit nach rechts.

"Die Taten erfüllten in Gänze den Tatbestand des schweren Landfriedensbruchs, wobei die Gruppierung durch Einsatzkräfte kurze Zeit später fast vollständig festgesetzt werden konnte. Die 211 Personen waren zu einem nicht unerheblichen Teil bereits als ´rechtsmotiviert´ und/oder ´Gewalttäter Sport´ aktenkundig sowie aufgrund mitgeführter Utensilien dem Fußballfanklientel zuzuordnen", erklärte Loepki noch in der Nacht in einer Pressemitteilung.

Bei Legida blieb es laut Polizeiangaben weitestgehend friedlich. Trotz des Aufrufs an die Verbündeten in Chemnitz (Cegida) und Dresden (Pegida) versammelten sich nur 3400 Menschen zum gemeinsamen Jahrestag. Lutz Bachmann und Tatjana Festerling gaben sich ein Stell-Dich-Ein. Als Stargast eroberte Hannes Ostendorf die Bühne, er ist Sänger der rechten Hooliganband Kategorie C und gab zur Akustikgitarre den Song "Leipzig gegen Salafisten" zum Besten. Ostendorf heizte mit seiner Musik schon die Demonstrationen der Hooligans gegen Salafisten an. Wenige Stunden zuvor war eine parallel geplante Veranstaltung der rechten "Offensive für Deutschland" (OfD) von Ex-Legida-Organisator und Fußballhooligan Silvio Rösler abgesagt wurden. Via Facebook rief die OfD ihre AnhängerInnen dazu auf, an der Legida-Veranstaltung teilzunehmen.

Ausschreitungen mit Ansage

Während sich 2800 GegendemonstrantInnen bei den No-Legida Veranstaltungen versammelten, begaben sich 250 Hooligans auf den Weg nach Connewitz. Mit sich führten sie ein Plakat der Aktion "Leipzig bleibt helle", die sich unter der Schirmherrschaft von Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) mit einer Lichterkette um die Leipziger Innenstadt gegen die Ideologie der Legida-Demonstration richtete.  

Die vom Verfassungsschutz beobachtete "Brigade Halle" rief öffentlich zur Gewalt in Leipzig auf. (Quelle: Störungsmelder)

Dass es am 11.01. in Leipzig zu rechten Ausschreitungen kommen könnte, war nach dem im Dezember missglückten "Sturm auf Connewitz" der Partei "Die Rechte" zu erwarten. Via Facebook versprach auch die "Freie Kameradschaft Dresden" eine "Überraschung" am Abend der Legida-Demonstrationen an, wie das Onlinemagazin Alternative Dresden News berichtet. Auf Twitter kündigte die vom Verfassungsschutz beobachtete Nazigruppe "Brigade Halle" einen "Sturm auf Leipzig" an. Schon im Dezember hatten Nazis und Rechte eine Sterndemonstration in dem links geprägten Leipziger Süden geplant. Parallel sollten drei Demonstrationen, die von der Partei "Die Rechte", "Anne aus Meißen", einem ehemaligen Mitglied der rechtsextremen Initiative "Heimatschutz Meißen", und von Silvio Rösler angemeldet wurden, laufen. Schließlich wurde aber nur eine kurze Route durch die Leipziger Südvorstadt genehmigt. "Zwischen Legida und zahlreichen rassistischen Aufmärschen scheinen insbesondere Die Rechte und die ´Offensive für Deutschland´ um die Relevanz zu ringen, die ihr bisher versagt bleibt", erklärte Landtagsabgeordnete Juliane Nagel (Die Linke) dazu.

Timo Reinfrank ist Geschäftsführer der Amadeu Antonio Stiftung und gut mit den Verhältnissen in Sachsen vertraut. Die Stiftung arbeitet u.a. in Sachsen gegen Rechtsextremismus und zur Demokratieförderung. "Es ist mir unklar, warum ein Angriff mit Ansage und solchen Ausmaßes in Sachsen nicht verhindert werden konnte. Besonders, da sich das Land ein Operatives Abwehrzentrum der Polizei mit Sitz in Leipzig leistet, welches auf rechtsextreme Straftaten spezialisiert ist." Das Operative Abwehrzentrum ist mit dem Sächsischen Verfassungsschutz verzahnt, dem die oben genannten Aufrufe zur Gewalt in Leipzig nicht entgangen sein sollten.

Unklar, wie hoch Schaden und Verletztenzahlen sind

Am Morgen nach dem Angriff ist man in Leipzig-Connewitz damit beschäftigt, die Scherben aufzukehren. In der Leipziger Volkszeitung berichten Augenzeugen von der Nacht. David und Steffen haben die Randale miterlebt, hielten sie erst für eine linke Spontandemonstration, bis sie sahen, dass sich ihnen Hooligans mit Hass-Masken in Farben von Lok Leipzig näherten, der Verein ist für seine rechte Anhängerschaft bekannt. Zunächst zogen die mit Autos angereisten Hooligans schweigend über die Straße, nach wenigen Hundert Metern erreichten sie vom Verkehrsknotenpunkt Connewitzer Kreuz aus ihr erstes Ziel in der Wolfgang Heinze Straße. "Die begannen jetzt, komplett alle Fenster der Straße einzuwerfen und einzuschlagen. Fünf oder sechs von denen sind auch in den Imbiss ‚Shahia‘ rein. Als dann dort noch Bänke und Stühle aus den zerstörten Fenstern hinausflogen, wusste ich, jetzt muss ich weg ", erzählt David in der LVZ. Neben dem arabischen Restaurant Shahia gingen unter anderem auch Scheiben im Laden des Fußballvereins Roter Stern Leipzig, im Waschsalon, in den Bars "Könich Heinz", "Bill Hart" und "Goldfisch" sowie beim Augenoptiker Staske zu Bruch. "Als die Gruppe dann in die Auerbachstraße direkt vor dem Kreuz einbog, kamen etwa 20 bis 30 Polizisten und versuchten den Mob einzukesseln. Die waren aber natürlich absolut in der Unterzahl. Einige der Hooligans konnten über die Hinterhöfe noch entkommen, aber einen Großteil bekamen die Polizisten trotzdem unter Kontrolle", erzählen die Zeugen weiter. Mit Gefangenentransportern und einem Linienbus brachte die Polizei schließlich 211 Angreifer zur Identitätsfeststellung auf die Wache.

Nicht bestätigen ließ sich die Meldung der BILD-Zeitung, nach der im weiter entfernten Stadtteil Plagwitz ebenfalls eine Gruppe von 50 rechten Hooligans von der Polizei festgesetzt worden sei. 

In der Nacht riegelte die Polizei Connewitz hermetisch ab. (Quelle: Flickr.com // CC // De Havilland)

Amadeu Antonio Stiftung und Roter Stern Leipzig rufen zu Spenden auf

Unklar bleibt die Zahl der Verletzten und die Höhe des Sachschadens. Als der Angriff der Hooligans begann, konnten sich Augenzeugen zufolge zahlreiche PassantInnen in umliegende Bars und Geschäfte retten. Die Hooligans scheinen nur ins Shahia Restaurant eingedrungen zu sein. Die Vereinsräume des Roten Stern Leipzig waren aufgrund vergangener Angriffe besser geschützt, die Fenster baulich verstärkt worden. Gemeinsam mit der Amadeu Antonio Stiftung ruft der Verein nun zur Spendensammlung für die Betroffenen der Attacken auf. Geschäftsführer Reinfrank zeigt sich gegenüber Fussball-gegen-nazis.de geschockt: "Durch die gestrigen Angriffe auf die belebten Geschäfte in Connewitz und den Brand in einem bewohnten Haus sind Menschen zu Schaden gekommen. Connewitz ist alternativ und migrantisch geprägt, die Attacken haben damit eine hohe Signalwirkung. Unsere Sorge und Unterstützung gilt nun den Betroffenen." Stadthistoriker Sascha Lange bezeichnete den Angriff als den massivsten seit der Pogromnacht im November 1938.

Die sächsische Landtagsfraktion der Linken hat nach den Hooligan-Krawallen von Leipzig die CDU aufgefordert, das Thema rechte Gewalt auf die Tagesordnung zu nehmen. Jahrelang habe die Union ein verengtes Bild von Heimat in Sachsen zelebriert und alternative Szenen wie im Leipziger Stadtteil Connewitz als Feindbild abgestempelt, erklärte Linken-Fraktionschef Rico Gebhardt. "Auf dem Wohn- und Lebensumfeld dieser Menschen trampeln nun Hooligans, deren Verflechtungen mit Nazi-Strukturen bekannt sind, mit Gewalt und Zerstörungswut herum."

 

Laut Pressemitteilung zur Spendenaktion sollen diese an die Läden und Geschäfte gehen, die direkte Schäden (Schaufenster, Inneneinrichtung usw.) zu begleichen haben, insbesondere jene ohne Versicherungsschutz. Spenden können Sie unter:

Opferfonds CURA der Amadeu Antonio Stiftung, Stichwort: Leipzig
GLS Bank Bochum
IBAN: DE75 4306 0967 6005 0000 02
BIC: GENODEM1GLS
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„Die Rechte“: Maschendrahtzäune und Pfefferspray gegen Geflüchtete

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"Die Rechte" beim Wahlkampf in Sachsen-Anhalt: Wahlplakate in Magdeburg-Olvenstedt
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Robert Fietzke // Twitter: @robert_fietzke
https://twitter.com/robert_fietzke
Schwerpunkt „Rechtsextremismus in Zeiten der Flüchtlingsfeindlichkeit“: Wenn viele politische Akteure offen rassistisch sind, wie sticht eine rechtsextreme Partei dann noch heraus? Heute: „Die Rechte“ hatte zuletzt einen veritablen Aufmerksamkeitserfolg mit ihrem „Wir hängen nicht nur Plakate“-Plakat.

Von Oliver Saal

Am kommenden Sonntag, den 13. März 2016, finden Landtagswahlen in Sachsen-Anhalt, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz statt. Für „Die Rechte“ sind das die ersten Landtagswahlen, an denen die Partei überhaupt teilnimmt – jedenfalls in den beiden zuerst genannten Bundesländern. In Sachsen-Anhalt kandidiert sie landesweit. Listenerster in dem Bundesland, in dem sie nach eigenen Angaben lediglich 56 Mitglieder besitzt, ist Roman Gleißner. Er ist Landesvorsitzender und stellvertretender Bundesvorsitzender, war parteipolitisch bereits für „Die Grauen“ und die rechtsextreme DVU aktiv. Neonaziführer Christian Worch, der Bundevorsitzende der Partei, setzt große Hoffnungen in die Wahl, das ließ er den Anhaltiner Ableger in einem Grußwort wissen, welches das AIB dokumentiert. Er betrachtet seine Partei als potentielle Avantgarde einer historischen Situation, in der sich ein größerer Teil der deutschen Bevölkerung von der vermeintlich zu flüchtlingsfreundlichen Politik ihrer Regierung abwendet:

„Grüße aus der Ferne: Ich wäre gern heute hier, aber leider muß ich arbeiten. Unser nächstes strategisches Ziel ist es, in den Genuß der Staatsfinanzierung zu kommen. Die erste realistische Aussicht hierauf sehe ich im Frühjahr 2016 in Sachsen-Anhalt. Die äußeren Verhältnisse sind günstiger als je zuvor: HOGESA im Köln und Hannover, PEGIDA in Dresden oder die Montagsdemonstrationen „Nein zum Heim“ in Berlin beweisen, daß der gewöhnliche Bürger keine Angst mehr vor dem Schulterschluß mit radikaleren Kräften hat. Wir sind in einer Situation, wo wir das strategische Ziel erreichen können, und unser derzeit neuster Landesverband hat dabei die ehrenhafte Gelegenheit, die Vorreiter-Rolle zu spielen.“ (Fehler im Original)

In Baden-Württemberg kandidiert die Partei lediglich in 9 von 70 Wahlkreisen – zum Vergleich: die NPD tritt hier in 66 von 70 Kreisen an. In Rheinland-Pfalz gibt es zwar seit 2013 einen „Die Rechte“-Landesverband, einen Antritt zur Landtagswahl konnte der jedoch nicht bewerkstelligen.  

Screenshot: Homepage des KV Hamm von „Die Rechte“

Natürlich gehört Flüchtlingsfeindlichkeit zu den Kernthemen von „Die Rechte“. Die Bundespartei kommentierte via Facebook-Seite die Berichte über ein am 25. August 2015 nach einem Brandanschlag im brandenburgischen Nauen abgebranntes Flüchtlingsheim so zynisch, wie es nur geht: Es sei „natürlich immer wieder bedauerlich, wenn mit dem Brand eines Hauses deutsches Volksvermögen vernichtet wird“. Die „Herrschenden“ würden es aber einfach nicht kapieren, „dass das deutsche Volk endgültig die Schnauze voll von dem Asyl-Wahnsinn hat“. Deshalb würden „leider auch in Zukunft noch Häuser brennen“. Die ehemalige Turnhalle war bereits bezugsfertig und sollte nur wenige Tage später von Geflüchteten bezogen werden. Die Partei hat sich mit diesem Statement in vollem Umfang hinter die Brandstifter und ihre potentiell mörderischen Taten gestellt.
Inzwischen sind solche Facebook-Kommentare nicht mehr leicht möglich: Die Seiten der Bundespartei (3.200 Likes) und des besonders aktiven Dortmunder Kreisverbandes (10.000 Likes) hat Facebook im Januar 2016 gesperrt. Inzwischen sind auch die Seiten von so gut wie allen Landes- und Kreisverbänden von Sperrungen und Löschungen betroffen. Angesichts der hohen Likezahlen dürfte das die externe Kommunikation der Partei empfindlich gestört haben. Die Neonazis weichen auf das unter ihresgleichen und Verschwörungstheoretikern beliebte russische VK-Netzwerk aus.

Screenshot: VK-Profil von "Die Rechte Suhl"

 

„Die Maschendrahtzaunpartei“ – In Sachsen-Anhalt macht sich die Partei mit absurden Forderungen lächerlich

Mitte Februar 2016 wurde ausgerechnet der Ableger der Partei, in den Christian Worch so große Hoffnungen setzt, zum Gespött des Internets. Der Landesverband Sachsen-Anhalt verkündete in seinem Programm zur Landtagswahl, er fordere einen „gesicherten 3 m hohen Maschendrahtzaun um das Bundesland Sachsen-Anhalt zum Schutz seiner Bürger vor weiteren Invasoren“. Keine Frage: Mit „Invasoren“ meinen die Neonazis Einwanderer ­– das Wort gilt in sämtlichen rechten Spektren von „PI News“ über Pegida und AfD bis zu „Die Rechte“ als Synonym für Flüchtlinge.
In belustigtem Ton berichteten Blogs wie Kraftfuttermischwerk sowie Onlinepräsenzen von Nachrichtenmagazinen wie stern.de oder Mopo24 über die Idee. Twitter-Nutzer erinnerten scherzend an die Singleauskopplung „Maschendrahtzaun“ von Stefan Raab aus dem Jahr 2000 und fragten, ob der Zaun nicht noch zusätzlich durch einen Knallerbsenstrauch gesichert werden könne.
Die Bundespartei zeigte sich sichtlich bemüht, die absurde Forderung als von langer Hand geplanten sozialmedialen Coup darzustellen: Die nationale Berichterstattung bezeichnete sie als einen „werbemäßiger Durchbruch“ für die kleine Partei. Es habe sich selbstverständlich um einen Witz gehandelt, der nur aufgenommen wurde, „um mal zu sehen, ob so was überhaupt gelesen wird und, wenn ja, ob oder wer darauf reagiert. Das hat ganz wunderbar geklappt.“
Auf die Idee, dass Medien und Öffentlichkeit auch über andere Entsetzlichkeiten und Dummheiten berichten und dass diese Berichterstattung die, über die Bericht erstattet wird, selten in einem guten Licht erscheinen lässt, scheint bei der Partei „Die Rechte“ noch niemand gekommen zu sein.


Screenshot: Wahlprogramm auf der Homepage des LV Sachsen-Anhalt von "Die Rechte"

 

Magdeburg: „Wir hängen nicht nur Plakate“-Plakat vor Flüchtlingsheim

Ebenfalls in Sachsen-Anhalt verbreitet die Partei anlässlich der Landtagswahlen Plakate mit der Aufschrift „Wir hängen nicht nur Plakate“ – ein Affront, wenn man bedenkt, wo diese Plakate hängen: Etwa direkt vor einer Flüchtlingsunterkunft im Stadtteil Neu-Olvenstedt und auch in Straßen, in denen bekannte Aktivisti_innen gegen Rechtsextremismus wohnen. Dass die Partei damit erst jetzt Empörung erntet, ist allerdings eher der Aufmerksamkeitsökonomie des Internets geschuldet. Der „Die Rechte“-Kreisverband Hamm wirbt mit dem gleichen Spruch schon seit 2013 auf seiner Homepage. („Unser Versprechen für die kommenden Wahlkämpfe: Wir hängen nicht nur Plakate! …wir verteilen nämlich auch Flugzettel, machen Infostände und Demonstrationen.)“

Screenshot: „Die Rechte“ im sozialen Netzwerk „VK“ 

 

Der Kreisverband Hamm: Pfefferspray gegen Geflüchtete

In Nordrhein-Westfalen dient „Die Rechte“ als Ersatzstruktur für verbotene und vom Verbot bedrohte neonazistische Kameradschaftsstrukturen. Die drei umtriebigen Kreisverbände in Dortmund, Hamm und Aachen sind direkt aus diesen Strukturen hervorgegangen – aus dem 2012 verbotenen „Nationalen Widerstand Dortmund“ (NWDO) sowie den ebenfalls aufgelösten Kameradschaften Hamm und Aachener Land.  
Besonders auskunftsfreudig über lokale Aktionen zeigt sich der Hammer Kreisverband der Partei auf seiner Website. Hier wird bezüglich der Flüchtlingspolitik von „Die Rechte“ erklärt, sie sei die „einzige Partei, die sich für konsequente Rückführungspolitik ausspricht“. Die Hammer Neonazis sehen „in der aktuellen Asylpolitik eine Verdrängung der eigenen Kultur und eine ernsthafte Gefahr für die Sicherheit und das friedliche Zusammenleben in unserer Stadt.“ Und wie begegnen sie dieser vermeintlichen Gefahr? Sie inszenieren sich selbst als  Kümmerer: Sie skandalisieren regelmäßig auf ihrer Homepage, wenn die Stadt und der Kreis neue Gebäude als Wohnungen an Flüchtlinge vergeben will, verteilen flüchtlingsfeindliche Flugblätter. Sie mokieren sich in bester Kleingärtnermanier über Lärmbelästigungen. Und sie verteilen Waffen zur Selbstverteidigung.
Im vergangenen Sommer nämlich ging der Ortsverband über das übliche Arsenal neonazistischer, flüchtlingsfeindlicher Agitation hinaus. Die Neonazis teilten selbst über ihre Homepage mit: „Wie am Donnerstag, den 13.August 2015 bekannt wurde, vergewaltigten zwei irakische Asylanten aus Hamm eine junge Frau. Leider bedarf es immer wieder erst solcher grausamen Taten, um die Themen ‚Selbstschutz‘ und ‚Selbstverteidigung‘ in das Bewusstsein der breiten Bevölkerung zu tragen.“ Deshalb verteilten „Aktivist_innen“ der Pfefferspray und Flyer in einem öffentlichen Park – nach eigenen Angaben insbesondere an junge Frauen.

 

Screenshot: Auf seiner Homepage brüstet sich der KV Hamm mit der Verteilaktion

 

„Stadtschutz Dortmund“: „Die Rechte“ spielt Polizei, handelt mit Waffen

Per Facebook verbreitete „Die Rechte“ Dortmund im Juli 2015 Fotos einer besonders perfiden Aktion im Bürgerwehrstil: Ihre Aktivist_innen patroullierten nachts als selbsternannter „Stadtschutz Dortmund“ mit einheitlich gelben „Die Rechte“-T-Shirts im Stadtteil Eving. Nach eigenen Angaben waren sie vor allem in der Nähe einer Flüchtlingsunterkunft aktiv und haben sich dabei Polizeiaufgaben  zugemessen: „Neben dem Zeigen optischer Präsenz führten die Aktivisten auch Gefährdenansprachen bei potentiellen Kriminellen durch, die das Asylheim verließen und teilten diesen mit, dass sie im Visier stehen“ (Fehler im Original), heißt es in einem Bericht der Szene. „Die Rechte“ knüpfte mit der flüchtlingsfeindlichen Aktion an ähnliche Auftritte im Sommer 2014 in U-Bahnen und an vermeintlichen „Schwulentreffs“ an: „Wo die Staatsmacht versagt, sind wir Bürger gefragt!“


Screenshot: Auf der Seite des KV Dortmund verlinktes Youtube-Video von Aktionen des "Stadtschutz Dortmund"

Das vermeintliche Engagement der Dortmunder Neonazis für Recht und Ordnung wird nicht zuletzt dadurch konterkariert, dass sich in ihren Reihen nachweislich Schläger und Gewalttäter befinden. Drei „Die Rechte“-Kandidaten für die Dortmunder Kommunalwahl im Jahr 2014 wurden im gleichen Jahr für ihre Teilnahme an einem Überfall auf ein linkes Szenelokal rechtskräftig verurteilt.

Michael Brück, der stellvertretende „Die Rechte“-Landesvorsitzender NRW, sitzt für die Partei nicht nur seit 2015 im Dortmunder Stadtrat, er bietet über seinen Versandhandel  „Antisem Versand“ auch Ausrüstung für Flüchtlingsfeinde, Nazidevotionalien und Zubehör für den Straßenkampf an. Diese bewirbt er mit dem „Heidenau Rabatt“: Besteller aus der Sächsischen Schweiz bekämen erhebliche Preisnachlässe auf Sturmhauben und Pfefferspray. Wer rund um Heidenau eine Zwille bestellt, die nach Brücks Meinung „ohnehin in keinem deutschen Haushalt fehlen sollte“, erhält dazu 50 Stahlkugeln gratis. In der sächsischen Kleinstadt Heidenau hatte es im August 2015 tagelange rassistische Proteste und auch Ausschreitungen gegeben, nachdem Flüchtlinge dort in einen leerstehenden Baumarkt eingezogen waren.

Neonazis von „Die Rechte“ nehmen außerdem regelmäßig an Kundgebungen und Demonstrationen von „Dügida“ – dem flüchtlingsfeindlichen Ableger von Pegida in NRW - in Düsseldorf und Duisburg teil.

 

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"Frei, sozial und national"– Hooligans demonstrierten in Magdeburg

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Hass macht hässlich. Im Bild zu sehen ist ein Redner auf der Demonstration von "Gemeinsam stark Deutschland".
© Danny Marx
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https://www.flickr.com/photos/124214337@N08/26332365335/in/dateposted/

Am Wochenende demonstrierten 700 Hooligans in Magdeburg unter dem Motto "Gegen linke Gewalt und Asylmissbrauch", aufgerufen wurden sie von der rechten Abspaltung der Hooligans gegen Salafisten HoGeSa. Unter den Demonstrationsteilnehmenden, die aus dem gesamten Bundesgebiet angereist waren, befanden sich zahlreiche Neonazis. Über den Tag verteilt demonstrierten 800 Menschen gegen den rechten Aufzug.

Von Robin Dullinge

"Frei, sozial und national" riefen die etwa 700 Teilnehmer_innen der rechten HoGeSa Abspaltung "Gemeinsam Stark Deutschland", als sie vom Domplatz in Magdeburg ihren Umzug starteten. Der Versammlungsleiter sah sich veranlasst das zu unterbinden, offenbar um sich von neonazistischem Inhalt zu distanzieren. Sekunden später hallte es "Hier marschiert der nationale Widerstand". Die Suppe konnte der Versammlungsleiter nicht mehr auslöffeln, war sie doch längst eingebrockt als diverse Teilnehmer_innen mit "HKNKRZ" Merchandise durch die Polizeikontrolle kamen. Auch die Redner_innen waren eindeutig, denn kein geringerer als Alexander Kurth, Landesvorsitzender der Partei Die Rechte in Sachsen, hielt an diesem Tag vor den Augen von Siegfried "SS Siggi" Borchardt eine Rede. Auch weitere Nazigrößen, wie der bekannte Hamburger Neonazi Thomas Wulff oder Michel Fischer von Die Rechte aus Erfurt waren als Demonstrationsteilnehmer angereist.

Polizei mit Großaufgebot im Einsatz

Die Polizei in Sachsen-Anhalt war mit einem Großaufgebot vor Ort um Neonazis und Gegendemonstrant_innen voneinander zu trennen. Den Nazis hatte sie den gesamten Domplatz zur Verfügung gestellt, die etwa 600 Teilnehmer_innen konnten sich dort frei bewegen. Das Bündnis „Blockmd“ wertete die neonazistische Veranstaltung auf ihrer Seite als "gruseliges Schaulaufen der extremen Rechten" aus. Vermehrt berichteten Journalist_innen über Angriffe und Bedrängen durch die Teilnehmer_innen der rechten Hooligan Veranstaltung. Auch ein Hitlergruß konnte fotografisch festgehalten werden. Es kam zu einigen Festnahmen, sowie Anzeigen gegen Neonazis wegen Tragens verfassungsfeindlicher und verbotener Symbole. Die Polizei wertete den Tag insgesamt als friedlich.

"Linke Aktivisten haben Namen und Adressen - kein Vergeben, kein Vergessen" - diese Parole setzen Neonazis in Deutschland leider immer wieder in der Realität um. (Quelle: © Danny Marx)

Gegendemonstrationen von unterschiedlichen Bündnissen

Während des gesamten Tages gab es auch diverse Gegendemonstrationen, zum Beispiel vom Bündnis "Keine Alternative" und dem Bündnis "Ravende Europäer gegen Intoleranz und Nationalismus" - kurz Regina. Insgesamt ging der Tag relativ ruhig von Statten, trotz der monatelangen Mobilisierung von „Gemeinsam Stark Deutschland“ fanden sich laut Polizeiangaben nicht mehr als 710 Teilnehmer_innen in Magdeburg ein.

Dagegen protestierten auf diversen Kundgebungen und Demonstrationen über den Tag verteilt bis zu 800 Menschen. Zum Start des Tages gab es um 13 Uhr, eine Stunde vor dem Naziaufmarsch, eine antifaschistische Demonstration durch Magdeburg. Proteste an der Route der Neonazis waren nicht möglich, da diese von der Polizei konsequent unterbunden wurden. Am Abend fand eine weitere Demonstration vom Bündnis "Keine Alternative" statt. Daran nahmen etwa 400 Menschen teil. Das Bündnis ist angelehnt an die aktuell bundesweite Kampagne "Nationalismus ist keine Alternative", was auch mit entsprechenden Redebeiträgen ergänzt wurde. In einer Pizzeria an der Route waren zu dem einige Neonazis, die die Demonstration stören wollten, von der Polizei aber daran gehindert wurden. Der Umzug ließ sich davon nicht provozieren, beim Kurznachrichtendienst "Twitter" sorgte der Aufenthalt von Neonazis in einer Pizzeria derweil für Gelächter.

Die Gegendemonstrant_innen in Magedeburg gingen unter dem Motto "Keine Alternative!" auf die Straße. Sicherlich ist das auch als Anspielung auf den Wahlerfolg der Alternative für Deutschland in Sachsen-Anhalt zu verstehen. (Quelle: © Danny Marx)

"Gemeinsam stark Deutschland" hat das Schafsfell abgelegt

Einst hatte sich der Verein "Gemeinsam stark Deutschland" daran versucht mit karitativen Aktionen für Obdachlose an Bürger_innen zu richten und sie für sich zu gewinnen. Schnell wurde daraus jedoch eine neonazistische Abspaltung von HoGeSa, die sich vor allem auf den Osten und Norden Deutschlands bezieht. Demonstriert hatte der Ableger bereits in Erfurt und Wilhelmshaven. Dieser findet aufgrund der besseren Organisierung jedoch auch immer mehr Anklang im Westen der BRD, so machte sich gar ein ganzer Bus, bestehend aus Duisburger, Oberhausener und Gladbacher Nazis auf den Weg in Richtung Magdeburg. Diese treffen sich nahezu wöchentlich in Duisburg, um gemeinsam beim offiziellen Pegida Ableger aus NRW mit zu laufen. So war auch das Transparent „Duisburg macht sich grade für Deutschland“ (Rechtschreibfehler im Original) zu sehen, sowie weitere Neonazis aus Düsseldorf, die sich ebenfalls der HoGeSa zuordnen und kurz vor der Auflösung des "Bündnis deutscher Hools" eine offizielle Sektion in Düsseldorf gründeten.

Während der Versammlung kam es außerdem wieder zu massivem Alkoholkonsum unter den rechten Hooligans, die zumeist nicht innerhalb der Fanszenen aktiv sind, sondern sich unter dem Label der "HoGeSa" zusammen gefunden haben und sich darüber als Hooligans identifizieren. Das auch Siegfried Borchardt vor Ort war, ist insofern keine Überraschung, da die Hooligangruppe "Borussenfront" aus Dortmund maßgeblich an der Gründung des Vorgängers von HoGeSa, den "Gnu Honnters", beteiligt war. So lässt sich weiterhin ein Bild skizzieren, das Borchardt als Vordenker einiger rechter Bewegungen zeigt. Aus seiner Vergangenheit als Hooligan innerhalb der Fanszene von Borussia Dortmund bestehen heute noch Verbindungen innerhalb neonazistischer Kreise zur schwarz-gelben Fanszene.

Ob Gemeinsam Stark Deutschland in diesem Jahr noch einmal demonstrieren und um welchen konkreten Anlass es gehen wird, nachdem das Motto diesmal lautete "Gegen linke Gewalt und Asylmissbrauch", ist offen. Sicher kann man davon ausgehen, dass die Demonstrationen sich weiterhin auf den Norden und Osten der Republik konzentrieren, da HoGeSa sich vor allem in NRW etabliert hat und als Stütze von Pegida NRW fungiert. Mit der rechten Hooligan-Szene und den unterschiedlichen *Gida-AktivistInnen wird Ostdeutschland jedoch weiter ein Schauplatz bleiben.

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